In diesem Beitrag stelle ich ein mediterranes Kletterziel vor, welches eher ein Schattendasein fristet: die wunderbaren Granit-Mehrseiltouren auf Korsika. Eigentlich wollten wir ursprünglich die Dolomiten erkunden, doch die Aussicht auf eine Woche Dauerregen haben uns dazu bewogen, kürzestfristig umzuplanen. Nun bietet sich der Hochsommer beileibe nicht an, im Mittelmeerraum klettern zu gehen. So werden neben dem Klettermaterial auch noch das Badezeugs eingepackt. Die Frage allerdings bleibt: Kann man im Juli sinnvoll klettern auf Korsika?
Und ob man kann! Zuerst gibt es zwei 'Einstimmungstage' an der Nordwestküste. Dabei entdecken wir mehr zufällig den Strand von Lumio, welcher ein kleines Bouldergebiet zu bieten hat.
Boulder-Aficinados werden die kleine Auswahl an Problemen bemängeln, doch für uns reichte es aus für einen schönen ausgefüllten Nachmittag inklusive Schnorcheln im Meer. Das Absprunggelände besteht aus einer Felsplatte, darum lohnt sich wohl die Mitnahme einer Bouldermatte.
Korsika hat zwei Kletter-Hotspots, die Gegend um Corte mit dem Restonicatal und dem Tavignanotal, und der Bavellapass. Wir beginnen unsere Kletterreise in Corte, einer wunderbaren Kleinstadt in den Bergen. Als Erstes greifen wir am Monte Leonardo an. Dieser Felszacken liegt unmittelbar neben der Strasse im Restonicatal, und bietet zwei westexponierte Mehrseiltouren. Wir versuchen uns an der 'Amandulina' 6c. Der Auftakt ist schon mal vielversprechend, eine rötliche, leicht überhängende Granitmauer mit Riesenhenkeln, dazu perfekt abgesichert. Auch die dritte und vierte Seillänge sind wirklich erstklassig, steile, supergriffige Kletterei. Leider allerdings nimmt der Wind stetig zu und erreicht bald Sturmstärke. Deshalb müssen wir wehmütig auf die nun folgende Tafoni-Länge verzichten und seilen ab.
Facts:
Monte Leonardo, "Amandulina", 6c, 7 SL
Bis zur 4. Seillänge eine absolute Fünf-Sterne Tour, perfekter, steiler und ausserordentlich griffiger Granit, der wie gemacht zum Klettern ist. Dazu ein für korsische Verhältnisse superkurzer Zustieg. Plaisirmässig ausgerüstet, Friends und Keile nicht notwendig.
Da auch für den nächsten Tag starken Wind prognostiziert ist, machen wir als nächstes eine hübsche Wanderung zum Melo-, Capitello- und Goria-See. Dabei wandert man unter eindrücklichen Granittürmen, die Lust auf weitere Korsika-Reisen machen.
Ein weiterer Klettertag führt uns ins parallel zum Restonicatal liegende Tavignanotal. Im Gegensatz zu ersterem Tal führt hier keine Strasse hoch, so dass zuerst ein fast zweistündiger, schweisstreibender Aufstieg bewerkstelligt werden muss, bis die Perlen am Rossolino geerntet werden können. Zuerst allerdings locken die Gumpen im Fluss mit badetauglichen Temperaturen. Und so ist es mittlerweile vier Uhr Nachmittags, als wir in die 'Tafonissimo' einsteigen. Die Tour befindet sich an einem der vielen Türme des Rossolino-Massivs, und lässt sich dank einem Foto im Topoguide-Führer problemlos lokalisieren. Die erste Seillänge (5b) beginnt plattig, um dann mit einer steilen Tafoni-Stelle fulminant endet. Das Highlight ist die zweite Seillänge (4c), ein eindrücklicher Tafoni-Genuss.
Ich überklettere den zweiten Stein, und hänge gleich noch die dritte Seillänge an, die etwas weniger schön ist. Auch die vierte Seillänge vermag nicht ganz den hohen Erwartungen zu genügen. Hingegen ist die letzte Seillänge nochmals richtig schön. Leider wird das gigantische Dach des Turms nicht direkt geklettert, sondern etwas rechts umgangen. Etwas problematisch ist das Abseilen. Es gäbe wohl eine Abseilpiste über die Westwand, aber die ist im Führer nicht beschrieben. So seilen wir über die Route ab, was angesichts der vielen Büsche und des Grat-Charakters der Route ein mühsames Unterfangen ist.
Facts:
Rossolino, "Tafonissimo", 6a
Insgesamt sehr gutmütig und eher etwas weniger lohnend als die anderen von uns gekletterten Routen, allerdings dafür landschaftlich wunderschön. Aufgrund des sehr langen Zustiegs lohnt es sich, die Tour mit einer der diversen anderen Routen am Rossolino zu kombinieren, oder sich in den Badegumpen am Fluss zu vergnügen. Vom Material her reichen etwa 10 Expresse, Friends respektive Keile nur für ganz Vorsichtige.
Als nächstes Ziel wird der Spenicazzia im Restonicatal auserwählt. Er bietet einen mittellangen Zustieg und hochgelobte Kletterrouten. Wir steigen zuerst in die Aqua di Rocca 7a ein, die auf den ersten zwei Seillängen zwar absolut begeisternder Fels bietet, uns aber doch ein Tick zu scharf ist. So seilen wir ab und steigen in die moderate 'Candella di l'Oro' ein. Diese bietet fünf einfache, aber absolut spektakuläre Tafoni-Längen. Insbesondere die vierte Seillänge ist etwas vom Besten was ich je geklettert bin, eine 5b, welche auf 40 Meter über ein Meter überhängend ist, und dazu nur mit Sanduhren abgesichert ist.
Facts:
Spenicazzia, "Candella di l'Oro", 5b
Eine der besten leichten Routen, die ich je geklettert bin! Der Fels ist wirklich vom ersten bis zum letzten Meter perfekt, und insbesondere die beiden letzten Seillängen sind einzigartig. Der einstündige Zustieg ist zwar steil, aber dank vielen Steinmännchen problemlos zu finden. Von der Absicherung her reichen etwa 10 Expresse, dazu ein paar Schlingen.
Nach diesen schönen Erlebnissen fahren wir weiter in den Süden der Insel, an den Col de Bavella. Die bekannten Bavella-Türme bieten unter anderem die Top-Tour 'Delicatessen' 8b, eine der schwierigsten alpinen Mehrseiltouren von Europa. Uns ist allerdings der Zustieg etwas zu lang, um das Ding zu probieren (hüstel, hüstel, gute Ausrede). Deutlich zugänglicher ist die Punta di u Chjapponu mit der 'Linea a l'Ombra'. Wie der Name schon sagt, ist die Tour NW-exponiert und deshalb ideal für die warmen Monate geeignet. Der einstündige Zustieg ist wiederum problemlos zu finden, und bald finden wir uns am Fusse eines imposanten, roten, überhängenden Gemäuers. Die erste Seillänge checkt etwa bei 6b ein und ist ein weiterer korsischer Kletter-Traum. Anspruchsvolle Moves an stumpfen, aber griffigen Rissen, dazu anhaltend senkrecht.
Fulminant weiter geht es mit der zweiten Länge, 6a+, welche plattig startet, um dann in einem spektakulären Tafoni-Kamin an den Stand zu führen. Die folgenden Längen sind dann leichter, beinhalten aber immer noch ein paar interessante Einzelstellen.
Facts:
Punta di u Chjapponu, "Linea a l'Ombra", 6b
Sehr schöne Tour, ideal geeignet für Sommertage. Die Schlüsselstelle ist die erste Seillänge, welche anspruchsvolle Kletterei in griffigem, wenn auch etwas flechtigem Granit bietet. Diese Länge braucht wohl nach Regenfällen ein Tag zum Abtrocknen, da sie nur wenig Sonne bekommt.
Als Abschluss versuchen wir uns noch in der "U Haddad" 6c an der Punta di u Peru, die uns aber wiederum etwas zu hart ist. Immerhin reicht es für die spektakuläre dritte Seillänge, welche durch eine riesige Tafoni-Ausbuchtung führt:
Allgemeine Hinweise zu Korsika:
Führerliteratur: Wir fanden den Topoguide Korsika völlig genügend für unsere Zwecke. Die Topos sind präzise, die Zustiege gut beschrieben, und die Schwierigkeitsangaben passen +- (ich fand die Kletterei eher einfach für den Grad... in Chamonix jedenfalls muss man sich die Fünfer härter verdienen).
Unterkunft in Corte: Es gibt mehrere Campingplätze. Der im Führer empfohlenen Tuani liegt relativ weit hinten im Restonicatal, was sich nachteilig auswirkt, wenn man im Tavignano klettern will oder eines der unzähligen Restaurants in Corte testen will. Wir fanden den Campingplatz 'U sognu' perfekt, der in Fussdistanz von Corte entfernt auf einer schönen Wiese liegt. Ebenfalls empfehlenswert sind die relativ günstigen Ferienwohnungen gleich neben dem Campingplatz (im Voraus buchen).
Unterkunft am Bavellapass: Wir haben auf dem Campingplatz 'La Rivière' logiert, ein günstiger, gut geführter Campingplatz. Liegt etwa fünf Autominuten von Zonza entfernt, wo es einen kleinen Laden und mehrere Restaurants gibt. Vom Campingplatz fährt man 15 Minuten bis auf den Bavellapass.
Und ob man kann! Zuerst gibt es zwei 'Einstimmungstage' an der Nordwestküste. Dabei entdecken wir mehr zufällig den Strand von Lumio, welcher ein kleines Bouldergebiet zu bieten hat.
Boulder-Aficinados werden die kleine Auswahl an Problemen bemängeln, doch für uns reichte es aus für einen schönen ausgefüllten Nachmittag inklusive Schnorcheln im Meer. Das Absprunggelände besteht aus einer Felsplatte, darum lohnt sich wohl die Mitnahme einer Bouldermatte.
Korsika hat zwei Kletter-Hotspots, die Gegend um Corte mit dem Restonicatal und dem Tavignanotal, und der Bavellapass. Wir beginnen unsere Kletterreise in Corte, einer wunderbaren Kleinstadt in den Bergen. Als Erstes greifen wir am Monte Leonardo an. Dieser Felszacken liegt unmittelbar neben der Strasse im Restonicatal, und bietet zwei westexponierte Mehrseiltouren. Wir versuchen uns an der 'Amandulina' 6c. Der Auftakt ist schon mal vielversprechend, eine rötliche, leicht überhängende Granitmauer mit Riesenhenkeln, dazu perfekt abgesichert. Auch die dritte und vierte Seillänge sind wirklich erstklassig, steile, supergriffige Kletterei. Leider allerdings nimmt der Wind stetig zu und erreicht bald Sturmstärke. Deshalb müssen wir wehmütig auf die nun folgende Tafoni-Länge verzichten und seilen ab.
Tafoni-Henkel par excellence |
Facts:
Monte Leonardo, "Amandulina", 6c, 7 SL
Bis zur 4. Seillänge eine absolute Fünf-Sterne Tour, perfekter, steiler und ausserordentlich griffiger Granit, der wie gemacht zum Klettern ist. Dazu ein für korsische Verhältnisse superkurzer Zustieg. Plaisirmässig ausgerüstet, Friends und Keile nicht notwendig.
Da auch für den nächsten Tag starken Wind prognostiziert ist, machen wir als nächstes eine hübsche Wanderung zum Melo-, Capitello- und Goria-See. Dabei wandert man unter eindrücklichen Granittürmen, die Lust auf weitere Korsika-Reisen machen.
Ein weiterer Klettertag führt uns ins parallel zum Restonicatal liegende Tavignanotal. Im Gegensatz zu ersterem Tal führt hier keine Strasse hoch, so dass zuerst ein fast zweistündiger, schweisstreibender Aufstieg bewerkstelligt werden muss, bis die Perlen am Rossolino geerntet werden können. Zuerst allerdings locken die Gumpen im Fluss mit badetauglichen Temperaturen. Und so ist es mittlerweile vier Uhr Nachmittags, als wir in die 'Tafonissimo' einsteigen. Die Tour befindet sich an einem der vielen Türme des Rossolino-Massivs, und lässt sich dank einem Foto im Topoguide-Führer problemlos lokalisieren. Die erste Seillänge (5b) beginnt plattig, um dann mit einer steilen Tafoni-Stelle fulminant endet. Das Highlight ist die zweite Seillänge (4c), ein eindrücklicher Tafoni-Genuss.
Ich überklettere den zweiten Stein, und hänge gleich noch die dritte Seillänge an, die etwas weniger schön ist. Auch die vierte Seillänge vermag nicht ganz den hohen Erwartungen zu genügen. Hingegen ist die letzte Seillänge nochmals richtig schön. Leider wird das gigantische Dach des Turms nicht direkt geklettert, sondern etwas rechts umgangen. Etwas problematisch ist das Abseilen. Es gäbe wohl eine Abseilpiste über die Westwand, aber die ist im Führer nicht beschrieben. So seilen wir über die Route ab, was angesichts der vielen Büsche und des Grat-Charakters der Route ein mühsames Unterfangen ist.
Im Ausstieg der 'Tafonissimo' |
Facts:
Rossolino, "Tafonissimo", 6a
Insgesamt sehr gutmütig und eher etwas weniger lohnend als die anderen von uns gekletterten Routen, allerdings dafür landschaftlich wunderschön. Aufgrund des sehr langen Zustiegs lohnt es sich, die Tour mit einer der diversen anderen Routen am Rossolino zu kombinieren, oder sich in den Badegumpen am Fluss zu vergnügen. Vom Material her reichen etwa 10 Expresse, Friends respektive Keile nur für ganz Vorsichtige.
Corte by night |
Als nächstes Ziel wird der Spenicazzia im Restonicatal auserwählt. Er bietet einen mittellangen Zustieg und hochgelobte Kletterrouten. Wir steigen zuerst in die Aqua di Rocca 7a ein, die auf den ersten zwei Seillängen zwar absolut begeisternder Fels bietet, uns aber doch ein Tick zu scharf ist. So seilen wir ab und steigen in die moderate 'Candella di l'Oro' ein. Diese bietet fünf einfache, aber absolut spektakuläre Tafoni-Längen. Insbesondere die vierte Seillänge ist etwas vom Besten was ich je geklettert bin, eine 5b, welche auf 40 Meter über ein Meter überhängend ist, und dazu nur mit Sanduhren abgesichert ist.
Unglaubliche Felsstruktur |
Die vielleicht steilste 5b der Welt! |
Facts:
Spenicazzia, "Candella di l'Oro", 5b
Eine der besten leichten Routen, die ich je geklettert bin! Der Fels ist wirklich vom ersten bis zum letzten Meter perfekt, und insbesondere die beiden letzten Seillängen sind einzigartig. Der einstündige Zustieg ist zwar steil, aber dank vielen Steinmännchen problemlos zu finden. Von der Absicherung her reichen etwa 10 Expresse, dazu ein paar Schlingen.
Nach diesen schönen Erlebnissen fahren wir weiter in den Süden der Insel, an den Col de Bavella. Die bekannten Bavella-Türme bieten unter anderem die Top-Tour 'Delicatessen' 8b, eine der schwierigsten alpinen Mehrseiltouren von Europa. Uns ist allerdings der Zustieg etwas zu lang, um das Ding zu probieren (hüstel, hüstel, gute Ausrede). Deutlich zugänglicher ist die Punta di u Chjapponu mit der 'Linea a l'Ombra'. Wie der Name schon sagt, ist die Tour NW-exponiert und deshalb ideal für die warmen Monate geeignet. Der einstündige Zustieg ist wiederum problemlos zu finden, und bald finden wir uns am Fusse eines imposanten, roten, überhängenden Gemäuers. Die erste Seillänge checkt etwa bei 6b ein und ist ein weiterer korsischer Kletter-Traum. Anspruchsvolle Moves an stumpfen, aber griffigen Rissen, dazu anhaltend senkrecht.
Fulminant weiter geht es mit der zweiten Länge, 6a+, welche plattig startet, um dann in einem spektakulären Tafoni-Kamin an den Stand zu führen. Die folgenden Längen sind dann leichter, beinhalten aber immer noch ein paar interessante Einzelstellen.
Facts:
Punta di u Chjapponu, "Linea a l'Ombra", 6b
Sehr schöne Tour, ideal geeignet für Sommertage. Die Schlüsselstelle ist die erste Seillänge, welche anspruchsvolle Kletterei in griffigem, wenn auch etwas flechtigem Granit bietet. Diese Länge braucht wohl nach Regenfällen ein Tag zum Abtrocknen, da sie nur wenig Sonne bekommt.
Als Abschluss versuchen wir uns noch in der "U Haddad" 6c an der Punta di u Peru, die uns aber wiederum etwas zu hart ist. Immerhin reicht es für die spektakuläre dritte Seillänge, welche durch eine riesige Tafoni-Ausbuchtung führt:
Allgemeine Hinweise zu Korsika:
Führerliteratur: Wir fanden den Topoguide Korsika völlig genügend für unsere Zwecke. Die Topos sind präzise, die Zustiege gut beschrieben, und die Schwierigkeitsangaben passen +- (ich fand die Kletterei eher einfach für den Grad... in Chamonix jedenfalls muss man sich die Fünfer härter verdienen).
Unterkunft in Corte: Es gibt mehrere Campingplätze. Der im Führer empfohlenen Tuani liegt relativ weit hinten im Restonicatal, was sich nachteilig auswirkt, wenn man im Tavignano klettern will oder eines der unzähligen Restaurants in Corte testen will. Wir fanden den Campingplatz 'U sognu' perfekt, der in Fussdistanz von Corte entfernt auf einer schönen Wiese liegt. Ebenfalls empfehlenswert sind die relativ günstigen Ferienwohnungen gleich neben dem Campingplatz (im Voraus buchen).
Unterkunft am Bavellapass: Wir haben auf dem Campingplatz 'La Rivière' logiert, ein günstiger, gut geführter Campingplatz. Liegt etwa fünf Autominuten von Zonza entfernt, wo es einen kleinen Laden und mehrere Restaurants gibt. Vom Campingplatz fährt man 15 Minuten bis auf den Bavellapass.
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