Dienstag, 19. November 2013

Alhambra - Wasserfallklettern neu definiert

Hinweis in eigener Sache: Aufgrund von zeitlichen Randbedingungen werde ich in Zukunft des öfteren auch kürzere Blogs schreiben, bei denen auch das Bildmaterial im Vordergrund stehen soll. Bei richtig grossen Touren versuche ich natürlich nach wie vor einen ausführlichen Bericht zu schreiben.

In diesem Sinne wünsche ich viel Spass beim Lesen meines Blogs! Hier ein paar Bilder aus der berühmten Alhambra bei Ponte Brolla, welche Thomas und ich am vergangenen Sonntag gemacht haben. Zu den Verhältnissen bleibt zum Titel nicht viel hinzuzufügen - es war schlicht und einfach nass, und zwar so ziemlich in jeder Seillänge. Hier im unteren Teil, plattig, und entsprechend rutschig. Mehrere Male mussten wir uns mit A0 behelfen.


Besonders prekär ist die Situation in der achten Seillänge, 6a+. Hier ist just die ziemlich obligatorische Crux, eine griff- und trittlose Platte, unter Wasser. Keine Chance für mich. Die Lösung bietet ein grasiger Riss links, an Wachholderbüschen kann man sich so durchmogeln. Aber Achtung, die Büschchen halten nicht viel, und ein Sturz wäre hier nicht empfehlenswert. Hier Thomas in der schönen zehnten Seillänge.



Die Headwall, das eigentliche Schmuckstück der Tour, ist ein Tick trockener, aber auch hier sind etliche Griffe leicht schmierig. Die Kletterei ist aber wirklich sehr ansprechend, und der Fels absolut erstklassig. Die letzte 6a-Seillänge ist dann nochmals richtig eklig, ein richtiger Bach ergiesst sich über die abschüssigen Leisten. Da Umkehren hier oben, zwei Stunden vor Einbruch der Dunkelheit, auch keine Option mehr ist (vor allem nicht mit dem Einfachseil), bleibt nur noch Fluchen und beherztes Stehen. Nach guten sechs Stunden, um 15:15, sind wir am Ausstieg. Immerhin, der Abstieg geht deutlich einfacher als erwartet, und für die sechs kurzen Abseiler brauchen wir auch nicht viel länger als 30 Minuten. So erreichen wir noch im Tageslicht den Bahnhof Ponte Brolla.

Donnerstag, 5. September 2013

Arete du Diable

Der Arête du Diable, oder zu deutsch Teufelsgrat, ist ein klassischer 'Grande course': Steile Granitrisse, dazwischen kombiniertes Gelände, garniert mit einigen Abseilmanövern - ein abwechslungsreiches Menü wird geboten! Keine Frage, diese Tour gehört in den Palmares von jedem ambitionierten Bergsteigers. Eigentlich war es primär Dieters Initiative, dass wir uns spontan zwei Ferientage gönnen und die Reise nach Chamonix antreten. Aber bei diesen Programm bin ich noch so gerne dabei!
Wir fahren absichtlich sehr früh los, um bereits am Montag eine Tour machen zu können - so können wir die beiden Tage optimal nutzen und uns gleichzeitig akklimatisieren. Wir visieren die Lépinay-Führe am Trident an. Versprochen wird eine kürzere, mit maximal 5c eher einfache Klettertour in einer atemberaubenden Umgebung.
Die Tour startet mit zwei steilen Seillängen in blockigem Gelände, in der zweiten Seillänge wartet schon mal ein richtiger 'Chamonix-Riss' auf uns. Bei der grossen Terrasse traversieren wir nach rechts, um über leichteres Gelände zur Schlüsselstelle zu kommen, einer steilen Rissverschneidung. Diese lässt sich allerdings einfacher klettern als erwartet, und dank den zahlreichen Normalhaken fällt auch das Legen im Vorstieg eher moderat aus.
Weiter geht es in wiederum leichteren Gelände auf der schattigen Ostseite. Diese steilt sich nach oben auf, es folgt ein klassischer, nicht absicherbarer Kamin, und ein paar hübsche Risse. Zeit verlieren wir in der zweitletzten Seillänge. Eine praktisch senkrechte Wand versperrt uns den Aufstieg auf den Grat. Zuerst suchen wir uns auf der Südseite einen Weg, brennen aber an. Schliesslich entdecke ich einen verborgenen Riss, der relativ gut absicherbar ist, aber kaum fixes Material hat. Über den erreichen wir schliesslich den Gipfelgrat. Es folgt eine letzte Seillänge über grosse Blöcke auf den Gipfel, den wir nach guten drei Stunden erreichen. Und nach weiteren dreiviertel Stunden stehen wir bereits wieder am Einstieg, und nehmen den Weg in die Torino-Hütte auf uns.

Facts:
Trident, "Lépinay-Führe", S, 5c

Für mich eine der empfehlenswertesten 'leichteren' Felstouren in Chamonix. Der Fels ist vom ersten bis zum letzten Meter 1A, die Kletterei abwechslungsreich und athletisch, das Ambiente vom Feinsten. Die Stände sind mit Ketten ausgerüstet, dazwischen vorwiegend Normalhaken.

Material: Set Cams 0.5 - 2, Keile, Zackenschlingen, 50m Doppelseil.

Die Torino-Hütte hat den Charme eines Waisenhauses aus den 30er Jahren, und die permanente Baustelle macht es auch nicht besser. Immerhin sind die Betten einigermassen bequem, und so stehen wir eher ungern schon um halb drei auf. Aber schliesslich erwartet uns ein langer Tag... Kurz nach drei verlassen wir das liebliche, in der Nacht taghell beleuchtete Baustellengelände und stehen anderthalb Stunden später zuhinterst in der Combe Maudite. Der Bergschrund lässt sich unschwierig überwinden, wir haben zwar ein zusätzliches Eisgerät mitgenommen, brauchen tun wir es nicht. Zuerst über steilen Schnee, dann nach rechts in sandigen Schutt. Bald steilt sich das Gelände auf und wird felsig. Wir klettern diagonal nach rechts oben, um bald wieder in eine weniger steile, firndurchsetzte Zone zu gelangen. In Firn, zuletzt leichten, aber brüchigen Fels erreichen wir den Col du Diable. Es ist mittlerweile halb sieben, und langsam erwacht der Tag. 
Ein kurzer, aber recht giftiger Firngrat führt in den Fels, wo wir die Steigeisen für die nächsten Stunden in den Rucksack packen können. Bald beginnt der Mont Blanc rosarot zu leuchten, ein herrlicher Tag kündigt sich an.
Die Corne du Diable umgehen wir südseitig und gelangen in die Breche zwischen dem Corne und der Pointe Chaubert. Den Corne du Diable besteigen wir über die leichte Westseite - noch voller Motivation, schliesslich ist es der erste richtige Felskontakt am Grat! Der Tiefblick die eisige NE-Flanke hinunter ist grossartig:
Bei der Einstiegsplatte der Pointe Chaubert versteige ich mich zuerst, indem ich dem Riss links folge, der sich aber als ein widerspenstiges Biest herausstellt. Ablassen, Kletterfinken an, neuer Versuch - diesmal nach rechts, was doch deutlich einfacher ist (5a). Von der Pointe Chaubert gelangen wir mit zweimal abseilen in die Breche vor der Pointe Médiane. Nach Abziehen des Seiles haben wir den Point of No Return erreicht, der Rückzug wäre schwieriger als der Weiterweg. Die Pointe Médiane ist eigentlich der Höhepunkt der Tour: Eine recht wilde Kletterei, teils komplizierte Linienführung, in eindrücklich steilem Fels. Eine erste Seillänge führt über eine Rissverschneidung auf der rechten Seite hoch, die man auf halber Höhe nach rechts verlässt, um dort Stand zu machen (4c). 
Die zweite Länge führt zuerst einige Meter über steile Risse hoch, bis man nach rechts um die Kante auf die Nordseite queren kann. Eine wegen des verschneiten Felses delikate kurze Traverse in der Nordseite wird gefolgt von einigen steilen Metern, bis man wiederum die grosse Verschneidung erreicht. Diese wird gequert, wobei für einmal der Seilerste im Vorteil ist: Er kann sich nämlich vier Meter ablassen lassen, und dann bequem über die hier glatte Verschneidung hinüberpendeln, um dann auf der anderen Seite auf einer Terrasse Stand zu machen (4c). Der Nachsteiger hingegen muss die vier Meter sicher abklettern, um einen Megapendler in die Verschneidung zu vermeiden.
Die dritte Seillänge, auch wenn weniger anhaltend, wartet mit zwei strengen Rissen auf. Um 10 Uhr erreichen wir das Gipfelplateau der Médiane. Kurze Pause, dann ein erstaunlich tricky zu kletternder Aufstieg durch das linke Fenster zur Abseilstelle. Mit 1x25 Meter abseilen erreicht man die Brèche Carmen. Als nächster Programmpunkt stehen die "oftmals vereisten Risse" auf dem Programm. Sie sind tatsächlich vereist, aber wirklich einfach zu klettern. 
Über eine weitere schöne Seillänge auf der Ostseite der Carmen erreichen wir den Stand vor dem Westgipfel der Carmen. Obschon der Gipfel nur etwa 10 Meter höher liegt, ist doch die Besteigung dieses steilen Zackens schwierig: Entweder plattig und nicht absicherbar auf der Nordseite, oder steiler auf der SE-Seite, wobei man hier auf halber Höhe eine gute Zackenschlinge anbringen kann. Ich wähle diesen Weg, ist aber verdammt streng. Hier der Blick vom Gipfel der Carmen auf die bereits überkletterten Türme:
 Mit dreimaligem Abseilen und einer ohne Steigeisen nicht ganz trivialen Traverse des folgenden schmalen Firn/Felsgrates erreichen wir das Couloir ziemlich genau um 12 Uhr, welches an der Isolée vorbeiführt. Da wir gut in der Zeit sind und die Isolée irgendwie dazugehört, deponieren wir den Rucksack und ziehen die Finken an. Zuerst etwas grimmig auf der verschneiten N-Seite, dann um die Kante steil hoch (4b) an einen schlechten Stand (2 Nh). Weiter auf der SE-Seite in bestem, mit Quarzkristallen übersätem Fels hoch (4c) und in leichtem Gelände auf den Gipfel. Mit 1x30 Meter Abseilen gelangen wir zurück ins Couloir. Insgesamt braucht die Besteigung der Isolée wohl kaum mehr als dreiviertel Stunden, und ist deutlich weniger kompliziert als die der Médiane.
Was jetzt folgt, ist leider eher Pflicht als Kür: Das Kraxeln über den hier deutlich einfacheren, brüchigen Grat auf den Gipfel des Taculs. Noch ziemlich cool sind die paar Meter in der steilen Südwand, wo nochmals zugepackt werden darf.
Nach etwas über einer Stunde erreichen wir den Ostgipfel des Taculs, und wenige Minuten später stehen wir auf dem Hauptgipfel!
Der Rest in dann schnell erzählt: Vom Tacul runter auf die Schulter, unter dem heiklen Sérac durchrennen auf den Col du Midi, und dann noch der berüchtigte Gegenaufstieg zur Seilbahn. Noch vor fünf Uhr sind wir in der Bahn, und beenden die Tour beim Bier, wie es sein muss!

Facts:
Mont Blanc du Tacul, Arête du Diable, S+, IV, 5b

Eine wunderbare, grosse kombinierte Tour über die fünf charakteristischen Türme im SE-Grat des Taculs. Die klettertechnischen Schwierigkeiten konzentrieren sich auf die Médiane, allerdings wird das Gelände erst nach der Isolée wirklich einfacher. Zu beachten ist, dass ein Rückzug am Grat fast unmöglich wäre, deshalb nur bei stabilem Wetter einsteigen. Wir haben insgesamt etwas über acht Stunden für die Strecke Col du Diable - Gipfel gebraucht. Für ganz schnelle Seilschaften sollten sechs bis sieben Stunden reichen, bei wenig Routine im Chamonix-Granit kann es schnell viel mehr sein. Insgesamt muss man schon Gas geben, wenn man die letzte Bahn erwischen will!

Material: Wir haben ein 50m Einfachseil dabeigehabt, was bis auf den Abseiler an der Isolée gut geht. Zusätzlich eine 30m Reepschnur für eben diesen Abseiler. Reduziertes Set Friends und Kk, Zackenschlingen. Evtl. zweites Eisgerät für den Bergschrund. 

Montag, 19. August 2013

Fels und Firn im Oberaletsch

Ein weiterer Ausflug mit Thomas in die Vertikale - heuer wieder mal in den heimischen Alpen, genauer im Oberaletsch. Das Ziel ist der Nordostgrat des Nesthorns, dieser gewaltige, aber kaum bekannte Fast-Viertausender. Zudem locken einige kaum bekanntere Granittouren an den etwas niedrigeren Bergen im Massiv. Zuerst gilt es aber in die Oberaletschhütte zu wandern. Von der Hütte aus hat man schon mal einen tollen, motivierenden Blick auf das Nesthorn mit seinem steilen, firnigen NE-Grat und den drei vorgelagerten Pfeilern. Hier am Abend:
Und hier am frühen Morgen, mit einem heimtückischen Nebel, der den Schutt auf dem Gletscher mit einer dünnen Schicht schlipfrigen Raureifs überzieht. Die Folge ist ein schmerzhafter Sturz auf mein Knie, und infolgedessen ein Motivationstief in beiden Tagen.
Nun gut, heute soll es zuerst ans südliche Wysshorn gehen. Laut Hüttenwart eine anspruchsvolle alpine Klettertour. Hier im Bild der steile Ostsporn.
Der Einstieg ist auf der NE-Seite, etwa 60hm oberhalb des tiefsten Punktes am Sporn. Die ersten zwei Seillängen sind brüchig, später wird es allerdings besser - leicht plattiger, mit Flechten überzogener Granit - steile Risse sucht man hier vergebens. Infolgedessen ist die Kletterei in den Bergschuhen teilweise delikat, aber dank den überschaubaren Schwierigkeiten kommen wir doch schnell voran. 
Die Route ist leider mit vielen Bohrhaken eher überbohrt - nix mit alpinem Challenge. Als wir allerdings den steilen Gipfelaufschwung erreichen, bin ich wiederum froh um die Bolts. Die Kletterei - Piazen an geschlossenen Rissen - ist mit den Schweren nämlich wirklich kaum machbar, und so arbeite ich mich mit einer Mischung aus freier und technischer Kletterei hoch. 
Nach etwa vier Stunden Klettern erreichen wir schliesslich den Gipfel. Von diesem steigen wir über die SW-Flanke ab. Zuerst über gäbige Schneefelder, dann mit zweimaligem Abseilen über einen steilen Felsriegel. Als Abschluss einen ätzenden Marsch über den Schuttgletscher zurück zur Hütte. Mein Knie schmerzt, und ich habe eigentlich überhaupt keine Lust auf eine weitere Tour.

Facts:
Südliches Wysshorn, E-Sporn, S, 5c, 500m

Hübsche Klettertour, auf der man garantiert alleine ist. Der Fels ist zuunterst schlecht, dann über weite Strecken ok, zuoberst sogar richtig gut. Lohnt allerdings kaum die lange Reise ins Gebiet.
Material: Etwa 8 Expresse, Kletterfinken empfehlenswert. 2 x 50 Meter ermöglichen das Abseilen über die Abseilpiste.


Beim Bier auf der Hütte kann ich mich dann aber doch wieder motivieren, den Nesthorn NE-Grat zu attackieren - zumindest über den leichtesten der drei Felssporne. Früh geht es los, um den langen, mühsamen Zustieg über unendliche Schuttwüsten, gefolgt von einem giftigen Gekraxel auf einem steilen Geröllfeld und einer Traverse auf den Felsplatten unter dem Nesthorn, der in einer kurzen Kletterei im dritten Grad gipfelt - so erreichen wir das Einstiegscouloir zum südlichen Sporn. Zu eben diesem Couloir hat der Hüttenwart noch gemeint, es sei wirklich speziell - weder Fels noch Eis, sondern gefrorener Sand, der sich mit zwei Eisgeräten prima klettern liesse. Na, schauen wir mal. Tatsache ist, es ist wirklich gefrorener Sand! Und ja, es ist auf 30 Meter gegen 70° steil. Sicherungsmöglichkeiten Fehlanzeige! Da weder ich noch Thomas Lust auf einen Free Solo haben, versuchen wir es im Fels zum umgehen. Aber auch hier Fehlanzeige - brüchig, steil, abweisen. 
Schade, aber so muss halt der 'normale' NE-Grat als Fallback-Option herhalten. Zuerst über den leichten, firnbedeckten Gletscher bis über den Bergschrund, dann in zuerst brüchigem, später festem Granit auf den Grat.
Hier eröffnet sich ein grossartiger Blick in die Nesthorn N-Wand. Die sieht richtig cool aus - laut Hüttenwart ist der Fels von bester Qualität. Wenn sich jetzt im Herbst noch gutes Eis bildet, wäre das sicher ein super Projekt!
Wir folgen jetzt dem leichten Felsgrat, bis er sich in der eisigen Gipfelkalotte verliert. Hier nehmen wir die beiden Eisgeräte hervor, und hacken uns über den Firn, teilweise mit Blankeisunterlage, nach oben.
Die Steilheit beträgt meistens um die 45°, manchmal auch weniger, selten mehr. Grossartige Tief- und Weitblicke!
Zuoberst queren wir auf den grossen Hängegletscher raus, um über diesen den Gipfelgrat und den Gipfel zu erreichen. Es ist mittlerweile halb elf vorbei, wir haben also etwas über sieben Stunden gebraucht. Die Tour ist aber noch nicht fertig!
Vielmehr folgt ein leichter Abstieg über den Westgrat, dann Abseilen am Gredetschjoch, und schlussendlich eine unendlich langer, zermürbender Marsch durchs Gredetschtal. Nach fast 14 Stunden in Mund angekommen spüre ich kaum mehr meine Füsse. Hochtouren ist eben auch Schinden!

Facts:
Nesthorn, NE-Grat, S-, 45°, Fels III.

Sehr, sehr schöne Eistour auf einen unbekannten Gipfel - leider mit etwas gar langem Zu- und Abstieg. Das Ambiente ist wirklich wunderschön, und auch hier ist Einsamkeit garantiert. Von der Schwierigkeit her wohl irgendwo zwischen ZS+ und S-.

Material: Einige Schlingen, Friends und Kk kaum notwendig. Zwei Eisgeräte sind allerdings nützlich im Firn. Zum Abseilen am Gredetschjoch würde wohl ein 40 Meter Einfachseil reichen.

Sonntag, 28. Juli 2013

Die längste Traverse

Die Aiguilles de Chamonix - berühmte Kletterberge, welche das Tal von Chamonix dominieren. Wie oft habe ich schon, in einem Café in Chamonix sitzend, hochgeschaut an die wilden Spitzen. Und mittlerweile auch schon einige tolle Touren gemacht. Was ich aber bis vor kurzem noch kaum in Erwägung gezogen habe, ist, dieses Gebirge zu überschreiten. Ein wilder Ritt mit über 20 Stunden Kletterzeit, ein stetiger Wechsel zwischen klassischen Kletterstellen und ausgesetzten Abseilereien - mit obligatorischem Freiluftbiwak auf dem Grat!

Wie es halt so ist, oftmals reicht eine kurze Inspiration, um einen Traum Realität werden zu lassen. Die Realität in diesem Falle wiegt etwas über 10kg und beinhaltet neben dem vollständigen 'Rack' auch Mätteli, Schlafsack, Kocher und was man sonst zum Überleben braucht. Immerhin braucht man ihn nicht hochzutragen, das besorgt die Seilbahn auf die Aiguille du Midi. Am Donnerstag um 20 nach sieben verlassen wir den berühmten Eisstollen und betreten den schmalen Grat - der erste Teil unserer Reise!
Wegen den dichten Wolkenfeldern ist die nächtliche Abstrahlung minimal, der Schnee von Beginn an pflotschig. Aber dank einer guten Spur gelangen wir - abgesehen von einem Seilverhänger am Rognon du Plan - reibungslos in drei Stunden auf die Aiguille du Plan. Kurze Nervosität auf dem Gipfel, hat viel Volk, und wir wollen nicht allzu viel Zeit verschwenden. Und dann stechen wir auf ins Unbekannte, ins Abenteuer!
Ein kurzer Abstieg über leichten Fels, dann Querung in der NW-Flanke zu einem Eiscouloir, welches sich in einer Art Höhle am Dent du Crocodile verliert. Wir steigen etwa 30 Meter im Couloir hoch, bis man an einer Art Hangelschuppe nach rechts in den Fels klettern kann. 
Ich klettere noch etwa fünf Meter weiter nach links, hinter einem Block öffnet sich ein kurzer Kamin. Gar nicht so einfach, diesen mit dem Rucksack und dem aussen befestigten Mätteli hochzuschrubben! Aber schon wenig später erreichen wir den Gipfel des Dent du Crocodile. Auf der Rückseite seilen wir 30 Meter ab, erreichen wieder den Grat, um nach ein paar Meter Klettern eine weitere Abseilstelle zu finden, die uns in den Schnee führt. Gegenanstieg durch einen Kamin, wiederum abklettern, abseilen, ... nach etwa drei Stunden erreichen wir den Sattel zwischen Crocodile und Caiman, wo wir eine Pause einlegen. Bis hierhier haben wir in etwa die Führerzeiten eingehalten, aber jetzt wird die Kletterei schwerer!
Die erste Seillänge ist noch leicht, kaum mehr als ein Dreier. Dann aber wird der Fels steil und kompakter. An wunderschönen Rissen, natürlich selber abzusichern, geht es steil hoch, etwa 5b. 
Die dritte Seillänge beginnt leicht, führt dann aber über eine mit Chickenheads übersäte Platte. Auch nicht einfach mit den Schweren!
Wir haben jetzt den Gipfel des Caiman erreicht. Warum aber ist die Führer-Seilschaft vor uns so nervös? Bald erfahren wir es: Der Guide hat einen der Schlaghaken an der Abseilstelle ausgerissen! So wird um einen leider etwas stumpfen Felszacken eine Reepschnur gelegt, rückversichert, und an der abgeseilt. 40 Meter senkrecht geht es runter, auf einen schmalen Sims hunderte von Metern über dem Abgrund! Dort Stand an Klemmkeilen und Friends, ausgesetzte Querung und mühsamer Riss (5c+, p.a. an Friend) hoch auf ein Gesimse. Von hier geht es einmal mehr ausgesetzt nochmals 40 Meter runter auf ein Schneeband. Im Bild die vorangehende französische Seilschaft.
Die Querung im weichen Schnee ist ebenfalls etwas delikat, aber schlussendlich erreichen wir eine weitere Abseilstelle, welche uns endlich in die Col du Caiman bringt. Wir haben für den Caiman ganze vier Stunden gebraucht. Eine kurze Querung im Schnee, dann wieder ein Felsgrat, und schlussendlich eine weitere Abkletterei / Abseilerei führt uns in den Col de Blaitiere. Mittlerweile ist es halb sieben, und wir beschliessen, es für heute gut sein zu lassen. Schliesslich lockt ein komfortabler Biwakplatz mit Schnee in unmittelbarer Nähe!
Der Biwakplatz, ein Adlerhorst über einem senkrechten Abbruch und hoch über Chamonix, ist wirklich atemberaubend! In der warmen Abendsonne, die gerade noch rechtzeitig hervorgekommen war, kochen wir Thomas' Astronautenfood. Bei dieser Aussicht schmecken sogar die Konservierungsstoffe!
Nach einer erstaunlich erholsamen und gar nicht so kalten Nacht weckt uns der Wecker um halb sechs. Schon bald leuchtet die Sonne am Caiman!
Um viertel vor sieben sind wir schlussendlich 'abmarschbereit'. Wobei 'Abmarsch' etwas irreführend ist, schliesslich warten schon die ersten Meter nach dem Biwakplatz mit Risskletterei im oberen dritten Grad auf. Endgültig wach wird man dann mit der wilden Abseilerei von der Schulter der Pte Lépinay in den Col du Fou.
Am Col du Fou beginnt die klettertechnische Schlüsselstelle der ganzen Tour. Wir wechseln deshalb auf die Kletterfinken. Der Auftakt macht eine Rissplatte, die wohl bei etwa 6a einchecken würde. Mit dem 'Aff' auf dem Rücken greife ich allerdings gerne an den Normalhaken und überwinde die Stelle p.a. Stand an Zackenschlinge und Friend. Die nächste Seillänge wartet mit einem Fingerriss auf, etwa 6a. Hier versuche ich dranzubleiben, was mit dem Gepäck nicht so einfach ist. 
Es folgt etwas leichteres Gelände. Über Risse und Schuppen geht es hoch auf die Envers-Seite. Eine Kaminverschneidung mit einem kleinen Runout führt zu etwas Herzklopfen, aber dank den doch geringen Schwierigkeiten klappt alles tiptop... wenigstens bis wir eine sandige Terrasse unter dem Gipfelkopf erreichen. Hier müsste laut dem Eberlein-Führer eine Platte und ein Kamin folgen. Stattdessen stehen wir vor einer fast senkrechten Wand, dünne Risse, lose Steine. Was ist hier passiert? Die französische Seilschaft braucht eine kleine Ewigkeit für diese Stelle. Kein gutes Omen. Ich steige ein, steige drei Meter bis zu einem horizontalen Riss hoch. Böse Überraschung! Der Riss ist mit Sand gefüllt, Absichern praktisch unmöglich! Mit der Aussicht auf einen mindestens 5 Meter Runout ins unbekannte, schwer abzusichernde Gelände steige ich entmutigt zurück. Einen Red Bull Shot (soll ja Flügel verleihen) und etwas gutem Zureden durch Thomas steige ich nochmals ein. Dieses Mal aber ohne Rucksack. Den sandigen Riss hochwürgen -- da, ein dünner Riss! Hier versenke ich gleich zwei Cams (0.3 und 0.2). Jetzt gibt es immerhin keinen Grounder mehr! Das Gelände wird leichter und besser absicherbar, allerdings gilt es auf grosse, labile Blöcke aufzupassen. Endlich erreiche ich die Fou-Schulter. Eine grosse Erleichterung macht sich breit! Hätte ich das nicht gepackt, keine Ahnung, ob wir noch heute dort oben stehen würden. Laut dem Bergführer der französischen Seilschaft gab es hier wohl kürzlich einen Bergsturz. Jedenfalls ist diese Seillänge die Crux der Tour, auch wenn sie 'nur' etwa 5c+ ist.
Die letzte Seillänge auf den Gipfel des Fou ist dann mehr Kür als Pflicht, schöne Risse in schönem Fels. Dank der unangenehmen zweitletzten Länge haben wir doch 3.5h gebraucht für den Fou. Hier ein Rückblick auf die letzten anderthalb Tage:
Auf der Südostseite steigen wir zuerst ab, um dann einen Abseiler von 30 Meter auf ein Band in der SE-Wand zu machen. Hier können wir in einfacherem Gelände bis unter die Ciseaux queren. Ein Reiber, Querung, und nochmaligem Riss erlaubt uns die Ciseaux zu umgehen.
Nochmals etwas Gratkraxelei im dritten Grad, dann endlich erreichen wir, zum ersten Mal in den letzten zwei Tagen, wirklich leichteres Gelände. Bald stehen wir in der Breche zwischen den beiden Blaitière-Gipfeln. Eigentlich würde es sich anbieten, von hier den abgelegenen Gipfel der Blaitière in etwa 20 Minuten zu besteigen, aber die Zeit ist fortgeschritten. Es ist mittlerweile 13 Uhr vorbei, und die letzte Bahn fährt um 18 Uhr. Und der Abstieg kann schon noch unangenehme Überraschungen bereithalten! So steigen wir auf den (von oben gesehen) linken Seite des Spencer-Couloirs zuerst in losem Fels runter, um dann mehrere Abseilstellen zu finden. Später wiederum in sehr brüchigem, aber leichtem Fels runter bis zu einem letzten Abseiler, der es erlaubt, den Nantillons-Gletscher zu betreten. 
Der Rest ist dann schnell erzählt: Abstieg über den Gletscher (inklusive Spurt unter dem Serac durch), ein letztes, nach mittlerweile fast 20 Stunden Kletterzeit eher unnötiges Abklettern über den Rognon, dann Traverse im Schnee auf die Moräne - und weitere anderthalb Stunden später zurück in der Zivilisation!

Hier ein Rückblick auf die letzten zwei Tage: Wir haben uns vom höchsten Punkt rechts bis zur mittigen Spitze bewegt - eigentlich eine beschämend kurze Distanz. Aber was für eine! Wir haben schlussendlich gut 20 Stunden reine Kletterzeit gebraucht (am ersten Tag elf Stunden, am zweiten Tag neun Stunden).

Facts:
Aiguilles de Chamonix, S-N Traverse, SS-, 6a, A1

Eine wilde, zweitägige Abenteuerreise ins Reich der bizarren Granittürme. Dominierend bei dieser Unternehmung ist der stetige Wechsel zwischen Klettern, Kraxeln und Abseilen, was eine effiziente Seilhandhabung nötig macht. Der Fels ist fast überall sehr gut, es hat aber auch ein nicht zu unterschätzender Anteil an Firn resp. Eis. 

Material: Doppelseil 50 Meter (respektive, was wahrscheinlich noch besser wäre, wäre ein 40m Einfachseil und ein 40 Meter Zwillingsseil zum Abseilen). Vollständiges Set Friends 0.3-3, Klemmkeile, viele Zackenschlingen, Reepschnur für die Stände zu verbessern, allenfalls Hammer. Vollständiges Biwakmaterial.

Montag, 22. Juli 2013

Rotgrat am Alphubel

Der Rotgrat am Alphubel ist eigentlich eine ziemlich ideale Hochtour: Eine schöne Kletterei in gutem Fels auf einen hohen Gipfel - und dazu ein einfacher Abstieg. Gerade der Abstieg war einer der Gründe, warum Corina und ich uns an diesem gewittrigen Wochenende für diese Tour entschieden haben. 
Zum Warmlaufen nehmen wir am Samstag nicht das Taxi nach Ottavan, sondern wandern von Täsch hoch. Ein hübscher Weg, zuerst durch den Wald, dann über blumenübersäte Wiesen zur Täschhütte. Die Hütte selber ist hübsch, geräumig und sauber, die Bewartung allerdings lässt den letzten Tick Freundlichkeit vermissen. Aber ja, es ist ja auch Hochbetrieb.

Am Sonntagmorgen ist um viertel nach drei Uhr Tagwacht. Eine Wahl hat man hier keine, es wird geweckt, fertig, schluss! Die zehn Minuten Liegenbleiben (azyklisches Verhalten zahlt sich beim 'Massenstart' aus) bezahlen wir allerdings beim Zmorgen - es hat keine Flöckli mehr, und man ist auch nicht gewillt, diese extra für uns nachzufüllen. 
Kurz nach vier Uhr starten wir im Licht der Stirnlampen. Mein Motor braucht wie üblich Aufwärmzeit, aber wir erreichen doch in den im Biner "Hochtouren im Wallis" veranschlagten anderthalb Stunden den Wissgrat. Vor uns sind noch zwei andere Seilschaften bereits am Klettern. Wohlwissend, dass wir heute noch genug zum Klettern kommen, folgen wir nicht den Seilschaften auf den Grat, sondern wandern im Tälchen rechterhand weit hoch, bis wir über Schneefelder den Grat erreichen, kurz bevor sich dieser aufsteilt. So sparen wir uns schon mal ein paar hundert Meter Bruch-Kraxeln.
Die ersten paar Meter spielen sich in recht steilem, festen Fels ab. Bald erreichen wir die Gratkante, und über Geröll und brüchigen Fels erreichen wir nach weiteren anderthalb Stunden den im Führer erwähnten Vereinigungspunkt mit dem eigentlichen Rotgrat.
Hier beginnt der mittlere Teil des Grates, der charakterisiert wird durch Firnpassagen, unterbrochen von einigen Aufschwüngen. Ich muss zugeben, dieses Teilstück komplett unterschätzt zu haben. Ein stetiger Wechsel aus Firn und Fels, wobei wir mit den Steigeisen klettern - das kostet Zeit! Wir erreichen erst etwa um halb 10 die 'Bastion'. Allerdings haben wir auf dem Grat immerhin von der Westexposition profitiert - der Firn war nämlich gut durchgefroren und ideal zu gehen.
Die erste Seillänge an der Bastion ist nachträglich gesehen auch gleich die Schlüsselstelle. Es liegt noch Schnee, teilweise ist der Fels vereist. Ich erreiche über einen kurzen Schnee/Eisschlauch einen guten Stand auf einem schmalen Bändchen. Die zweite Seillänge führt nach links über eine markante, angespaltene Schuppe auf das breite Band, auf welchem Schnee liegt. Hier hat es sogar einen Bohrhaken für einen Stand. Auf dem Schneeband quert man nach rechts, um dann in der Sonne die Steigeisen im Rucksack zu verstauen. Jetzt beginnt der Plaisirteil!
Hier in der dritten Seillänge - eine kurze Verschneidung mit Normalhaken, dann lange Traverse nach rechts. Nach der Traverse erreichen wir die Rippe, welche das grosse Couloir links begrenzt. Wir folgen jetzt in wunderbarer, leichter Kletterei in wirklich sehr gutem Fels der Rippe. Gut, die Kletterei ist sehr einfach (max. III-), aber macht in der Sonne und dem prächtigen Panorama wirklich Spass.
Nach etwa drei Seillängen legt sich der Grat zurück und wird eher blockiger. Fertig ist die Tour hier aber noch nicht, es hat zwei, drei recht kräftige Einzelstellen. Auch hier ist der Fels fast überall bombenfest. Hier sind wir im oberen Teil des Grates, unten gut sichtbar der Firngrat im mittleren Abschnitt.
Schlussendlich erreichen wir den markanten Quarzturm und danach eine Schulter auf dem Grat. Hier könnte man dem Grat weiter folgen. Allerdings ist der Fels hier verschneit, und irgendwie haben wir auch genug geklettert für heute. So beschliessen wir, über die steilen Schneehänge linkerhand direkt auf die Firnhaube zu klettern. Mit zwei Seillängen in etwa 45° steilem Firn erreichen wir dieselbe, und stehen bald schon auf dem Gipfel! Für die Bastion haben wir nochmals über drei Stunden gebraucht, also total neun Stunden. Auch wenn wir nicht pressiert haben, ist es mir doch ein Rätsel, wie man die Tour in sechs Stunden (laut Biner) schaffen sollte.
Ich spüre leider unerwartet stark die Höhe. Ob es am Wein lag, der gestern abend kredenzt wurde? Zum Glück ist der Normalweg wirklich supereinfach, und zweieinhalb Stunden später sind wir bereits wieder zurück auf der Hütte - gerade noch vor dem Gewitter!

Facts:
Alphubel, Rotgrat, ZS+, III+
Schöne Klettertour auf den Alphubel. Der Fels ist nur im ersten Gratabschnitt brüchig, an der Bastion ist er sogar richtig gut. Dank der Westexposition bleibt auch der Firn länger hart, dafür gibt es aber auch kalte Hände beim Klettern!

Material: Reduziertes Set Klemmkeile und Friends, Zackenschlingen. Für eine bekannte Hochtour hat es erstaunlich wenig Material am Grat, gerade mal drei Bohrhaken und ein Normalhaken. Der ganze Rest muss selber abgesichert werden.

Montag, 8. Juli 2013

Granitabenteuer am Moine Südgrat

Die Aiguille Moine ist ein bei uns eher unbekannter Granitzacken von knappen 3500 Metern Höhe. Er liegt aber inmitten des vielleicht eindrücklichsten Gletscherkessels der Alpen, nämlich hoch über dem Mer de Glace, direkt gegenüber der Grandes Jorasses auf der linken, und den Aiguilles de Chamonix auf der rechten Seite. Im Hintergrund thront der Mont Blanc. Diese prominente Lage hat ihn sogar mal auf die Titelseite eines "die Alpen" gebracht. Seit diesem Titelbild war die Tour auf meiner Wunschliste, jetzt, Anfangs Juli 2013, sollte es endlich klappen. Und so fahren Corina und ich am Freitagnachmittag nach Chamonix, wo wir uns auf dem Hauptplatz bei einem feinen Salat und dem Anblick der im Abendrot glühenden Blaitiere auf zwei wunderbare Tage einstimmen. 
Angedacht war, dass wir am Samstag die Route "Le Joyau et le Lotus" an den Flammes de Pierre klettern. Allerdings war bald klar, dass dieser Plan zusammen mit dem Zustieg und dem Weiterweg zur Couvercle-Hütte etwas zu ambitioniert ist. Deshalb belassen wir es dann bei einer gemütlichen Wanderung über die Balcons de Mer de Glace zur Hütte.
Die Hüttennacht ist soweit ok, ausser dass natürlich die Verte-Aspiranten bereits um Mitternacht aufstehen und dann eigentlich kontinuierlicher Betrieb in der Hütte ist. Wir haben den Wecker auf die 4 gestellt, kurz vor fünf gehen wir los. Ein grosser (und sehr langer) Tag kündet sich an!
Der Zustieg zur Rampe geht problemlos, bereits eine halbe Stunde später stehen wir am Bergschrund. Dieser lässt sich entweder links im Fels, oder rechts durch eine sandige Rinne überwinden. Die ersten zwei Seillängen auf der Rampe klettern wir mit den Steigeisen, weil es einige pickelharte, steile Schneefelder zu traversieren gibt. Ein typischer Kaltstart nach Chamonix-Art! Nach der Rampe wird das Gelände insgesamt freundlicher, leichte Bänder wechseln ab mit kurzen, aber teilweise recht harten Kletterstellen. Auch ist es nicht immer offensichtlich, wo der Weg durchführt, wobei es wohl auch nicht 'der leichteste Weg' gibt. Hier sind wir bereits im grossen Couloir, welches auf den Grat führt.
Einmal auf dem Grat angekommen spielt sich die interessante Kletterei meist auf den Westseite ab, was etwas den Nachteil hat, dass die Fotos schwierig zu belichten sind. Infolgedessen habe ich leider kaum Bildmaterial. Jedenfalls quert man zuerst auf einem mit dem Schnee etwas mühsamen Band nach links, klettert dann zwei kurze Seillängen in einer Rissverschneidung hoch, wobei die letzten 4 Meter mit etwa 5c die Schwierigsten sind. Über ein Band und eine leichte Verschneidung gelangt man zum fotogenen grossen Felstisch.
Weiter über ein Band, welches man teils kriechend auf der Westseite überwindet. Es folgt die wohl nominell schwierigste Seillänge, eine coole Rissverschneidung, gefolgt von einem V-Kamin. V-Kamin? Halt so ein Monster, wo man sich mit dem Körper reinpressen muss und sich - auf die mässige Reibung von Knien und Rucksack vertrauend - hochschrubbt. Sich immer auf der Westseite haltend, gelangt man über weitere, etwas leichtere Seillängen zurück auf den Grat. 
Es folgt dann noch ein kurzes, aber recht deftiges Wändchen, bis sich der Grat endgültig zurücklegt. Von hier wären es noch etwa 50 Höhenmeter auf den Gipfel. Wären, denn uns wird bewusst, dass, wenn wir heute noch zurück nach Zürich wollen, wir absteigen müssen. Es ist schon zwölf Uhr, und der Abstieg wird noch einige Zeit kosten. 
Das tut er tatsächlich. Faktisch klettert man 500 Höhenmeter anhaltend ab - das zehrt und braucht Zeit, auch wenn es nicht mehr als ein Zweier ist. Aber irgendwann ziehen wir das Seil von der untersten (und fast einziger) Abseilstelle ab, und 15 Minuten später sind wir schon in der Hütte. Wobei, die Tour ist noch nicht fertig, es warten immer noch die längsten und steilsten Leitern im Mont Blanc Massiv auf uns...
Als wir endlich, um halb zwölf Uhr nachts zuhause ankommen, spüren wir den Tag in jeder Faser des Körpers!

Facts:
Aiguille Moine, Südgrat, S-, 5c

Schöne Klettertour in genialer Umgebung. Die Schwierigkeiten sind zwar nur kurz und nicht anhaltend, aber man klettert eigentlich konstant vom ersten bis zum letzten Meter. Zusammen mit dem Abstieg, bei dem grosse Konzentration und Effizienz im Granitschrofengelände gefragt ist, eine recht lange und kräftezehrende Unternehmung. Sicher in keiner Form zu vergleichen mit den netten "Granitgrätchen" am Furka oder bei der Göscheneralp.

Material:  Pickel, Steigeisen, reduziertes Set Friends und Keile (in den schwierigen Stellen hat es altes Fixmaterial)