Sonntag, 28. Juli 2013

Die längste Traverse

Die Aiguilles de Chamonix - berühmte Kletterberge, welche das Tal von Chamonix dominieren. Wie oft habe ich schon, in einem Café in Chamonix sitzend, hochgeschaut an die wilden Spitzen. Und mittlerweile auch schon einige tolle Touren gemacht. Was ich aber bis vor kurzem noch kaum in Erwägung gezogen habe, ist, dieses Gebirge zu überschreiten. Ein wilder Ritt mit über 20 Stunden Kletterzeit, ein stetiger Wechsel zwischen klassischen Kletterstellen und ausgesetzten Abseilereien - mit obligatorischem Freiluftbiwak auf dem Grat!

Wie es halt so ist, oftmals reicht eine kurze Inspiration, um einen Traum Realität werden zu lassen. Die Realität in diesem Falle wiegt etwas über 10kg und beinhaltet neben dem vollständigen 'Rack' auch Mätteli, Schlafsack, Kocher und was man sonst zum Überleben braucht. Immerhin braucht man ihn nicht hochzutragen, das besorgt die Seilbahn auf die Aiguille du Midi. Am Donnerstag um 20 nach sieben verlassen wir den berühmten Eisstollen und betreten den schmalen Grat - der erste Teil unserer Reise!
Wegen den dichten Wolkenfeldern ist die nächtliche Abstrahlung minimal, der Schnee von Beginn an pflotschig. Aber dank einer guten Spur gelangen wir - abgesehen von einem Seilverhänger am Rognon du Plan - reibungslos in drei Stunden auf die Aiguille du Plan. Kurze Nervosität auf dem Gipfel, hat viel Volk, und wir wollen nicht allzu viel Zeit verschwenden. Und dann stechen wir auf ins Unbekannte, ins Abenteuer!
Ein kurzer Abstieg über leichten Fels, dann Querung in der NW-Flanke zu einem Eiscouloir, welches sich in einer Art Höhle am Dent du Crocodile verliert. Wir steigen etwa 30 Meter im Couloir hoch, bis man an einer Art Hangelschuppe nach rechts in den Fels klettern kann. 
Ich klettere noch etwa fünf Meter weiter nach links, hinter einem Block öffnet sich ein kurzer Kamin. Gar nicht so einfach, diesen mit dem Rucksack und dem aussen befestigten Mätteli hochzuschrubben! Aber schon wenig später erreichen wir den Gipfel des Dent du Crocodile. Auf der Rückseite seilen wir 30 Meter ab, erreichen wieder den Grat, um nach ein paar Meter Klettern eine weitere Abseilstelle zu finden, die uns in den Schnee führt. Gegenanstieg durch einen Kamin, wiederum abklettern, abseilen, ... nach etwa drei Stunden erreichen wir den Sattel zwischen Crocodile und Caiman, wo wir eine Pause einlegen. Bis hierhier haben wir in etwa die Führerzeiten eingehalten, aber jetzt wird die Kletterei schwerer!
Die erste Seillänge ist noch leicht, kaum mehr als ein Dreier. Dann aber wird der Fels steil und kompakter. An wunderschönen Rissen, natürlich selber abzusichern, geht es steil hoch, etwa 5b. 
Die dritte Seillänge beginnt leicht, führt dann aber über eine mit Chickenheads übersäte Platte. Auch nicht einfach mit den Schweren!
Wir haben jetzt den Gipfel des Caiman erreicht. Warum aber ist die Führer-Seilschaft vor uns so nervös? Bald erfahren wir es: Der Guide hat einen der Schlaghaken an der Abseilstelle ausgerissen! So wird um einen leider etwas stumpfen Felszacken eine Reepschnur gelegt, rückversichert, und an der abgeseilt. 40 Meter senkrecht geht es runter, auf einen schmalen Sims hunderte von Metern über dem Abgrund! Dort Stand an Klemmkeilen und Friends, ausgesetzte Querung und mühsamer Riss (5c+, p.a. an Friend) hoch auf ein Gesimse. Von hier geht es einmal mehr ausgesetzt nochmals 40 Meter runter auf ein Schneeband. Im Bild die vorangehende französische Seilschaft.
Die Querung im weichen Schnee ist ebenfalls etwas delikat, aber schlussendlich erreichen wir eine weitere Abseilstelle, welche uns endlich in die Col du Caiman bringt. Wir haben für den Caiman ganze vier Stunden gebraucht. Eine kurze Querung im Schnee, dann wieder ein Felsgrat, und schlussendlich eine weitere Abkletterei / Abseilerei führt uns in den Col de Blaitiere. Mittlerweile ist es halb sieben, und wir beschliessen, es für heute gut sein zu lassen. Schliesslich lockt ein komfortabler Biwakplatz mit Schnee in unmittelbarer Nähe!
Der Biwakplatz, ein Adlerhorst über einem senkrechten Abbruch und hoch über Chamonix, ist wirklich atemberaubend! In der warmen Abendsonne, die gerade noch rechtzeitig hervorgekommen war, kochen wir Thomas' Astronautenfood. Bei dieser Aussicht schmecken sogar die Konservierungsstoffe!
Nach einer erstaunlich erholsamen und gar nicht so kalten Nacht weckt uns der Wecker um halb sechs. Schon bald leuchtet die Sonne am Caiman!
Um viertel vor sieben sind wir schlussendlich 'abmarschbereit'. Wobei 'Abmarsch' etwas irreführend ist, schliesslich warten schon die ersten Meter nach dem Biwakplatz mit Risskletterei im oberen dritten Grad auf. Endgültig wach wird man dann mit der wilden Abseilerei von der Schulter der Pte Lépinay in den Col du Fou.
Am Col du Fou beginnt die klettertechnische Schlüsselstelle der ganzen Tour. Wir wechseln deshalb auf die Kletterfinken. Der Auftakt macht eine Rissplatte, die wohl bei etwa 6a einchecken würde. Mit dem 'Aff' auf dem Rücken greife ich allerdings gerne an den Normalhaken und überwinde die Stelle p.a. Stand an Zackenschlinge und Friend. Die nächste Seillänge wartet mit einem Fingerriss auf, etwa 6a. Hier versuche ich dranzubleiben, was mit dem Gepäck nicht so einfach ist. 
Es folgt etwas leichteres Gelände. Über Risse und Schuppen geht es hoch auf die Envers-Seite. Eine Kaminverschneidung mit einem kleinen Runout führt zu etwas Herzklopfen, aber dank den doch geringen Schwierigkeiten klappt alles tiptop... wenigstens bis wir eine sandige Terrasse unter dem Gipfelkopf erreichen. Hier müsste laut dem Eberlein-Führer eine Platte und ein Kamin folgen. Stattdessen stehen wir vor einer fast senkrechten Wand, dünne Risse, lose Steine. Was ist hier passiert? Die französische Seilschaft braucht eine kleine Ewigkeit für diese Stelle. Kein gutes Omen. Ich steige ein, steige drei Meter bis zu einem horizontalen Riss hoch. Böse Überraschung! Der Riss ist mit Sand gefüllt, Absichern praktisch unmöglich! Mit der Aussicht auf einen mindestens 5 Meter Runout ins unbekannte, schwer abzusichernde Gelände steige ich entmutigt zurück. Einen Red Bull Shot (soll ja Flügel verleihen) und etwas gutem Zureden durch Thomas steige ich nochmals ein. Dieses Mal aber ohne Rucksack. Den sandigen Riss hochwürgen -- da, ein dünner Riss! Hier versenke ich gleich zwei Cams (0.3 und 0.2). Jetzt gibt es immerhin keinen Grounder mehr! Das Gelände wird leichter und besser absicherbar, allerdings gilt es auf grosse, labile Blöcke aufzupassen. Endlich erreiche ich die Fou-Schulter. Eine grosse Erleichterung macht sich breit! Hätte ich das nicht gepackt, keine Ahnung, ob wir noch heute dort oben stehen würden. Laut dem Bergführer der französischen Seilschaft gab es hier wohl kürzlich einen Bergsturz. Jedenfalls ist diese Seillänge die Crux der Tour, auch wenn sie 'nur' etwa 5c+ ist.
Die letzte Seillänge auf den Gipfel des Fou ist dann mehr Kür als Pflicht, schöne Risse in schönem Fels. Dank der unangenehmen zweitletzten Länge haben wir doch 3.5h gebraucht für den Fou. Hier ein Rückblick auf die letzten anderthalb Tage:
Auf der Südostseite steigen wir zuerst ab, um dann einen Abseiler von 30 Meter auf ein Band in der SE-Wand zu machen. Hier können wir in einfacherem Gelände bis unter die Ciseaux queren. Ein Reiber, Querung, und nochmaligem Riss erlaubt uns die Ciseaux zu umgehen.
Nochmals etwas Gratkraxelei im dritten Grad, dann endlich erreichen wir, zum ersten Mal in den letzten zwei Tagen, wirklich leichteres Gelände. Bald stehen wir in der Breche zwischen den beiden Blaitière-Gipfeln. Eigentlich würde es sich anbieten, von hier den abgelegenen Gipfel der Blaitière in etwa 20 Minuten zu besteigen, aber die Zeit ist fortgeschritten. Es ist mittlerweile 13 Uhr vorbei, und die letzte Bahn fährt um 18 Uhr. Und der Abstieg kann schon noch unangenehme Überraschungen bereithalten! So steigen wir auf den (von oben gesehen) linken Seite des Spencer-Couloirs zuerst in losem Fels runter, um dann mehrere Abseilstellen zu finden. Später wiederum in sehr brüchigem, aber leichtem Fels runter bis zu einem letzten Abseiler, der es erlaubt, den Nantillons-Gletscher zu betreten. 
Der Rest ist dann schnell erzählt: Abstieg über den Gletscher (inklusive Spurt unter dem Serac durch), ein letztes, nach mittlerweile fast 20 Stunden Kletterzeit eher unnötiges Abklettern über den Rognon, dann Traverse im Schnee auf die Moräne - und weitere anderthalb Stunden später zurück in der Zivilisation!

Hier ein Rückblick auf die letzten zwei Tage: Wir haben uns vom höchsten Punkt rechts bis zur mittigen Spitze bewegt - eigentlich eine beschämend kurze Distanz. Aber was für eine! Wir haben schlussendlich gut 20 Stunden reine Kletterzeit gebraucht (am ersten Tag elf Stunden, am zweiten Tag neun Stunden).

Facts:
Aiguilles de Chamonix, S-N Traverse, SS-, 6a, A1

Eine wilde, zweitägige Abenteuerreise ins Reich der bizarren Granittürme. Dominierend bei dieser Unternehmung ist der stetige Wechsel zwischen Klettern, Kraxeln und Abseilen, was eine effiziente Seilhandhabung nötig macht. Der Fels ist fast überall sehr gut, es hat aber auch ein nicht zu unterschätzender Anteil an Firn resp. Eis. 

Material: Doppelseil 50 Meter (respektive, was wahrscheinlich noch besser wäre, wäre ein 40m Einfachseil und ein 40 Meter Zwillingsseil zum Abseilen). Vollständiges Set Friends 0.3-3, Klemmkeile, viele Zackenschlingen, Reepschnur für die Stände zu verbessern, allenfalls Hammer. Vollständiges Biwakmaterial.

Montag, 22. Juli 2013

Rotgrat am Alphubel

Der Rotgrat am Alphubel ist eigentlich eine ziemlich ideale Hochtour: Eine schöne Kletterei in gutem Fels auf einen hohen Gipfel - und dazu ein einfacher Abstieg. Gerade der Abstieg war einer der Gründe, warum Corina und ich uns an diesem gewittrigen Wochenende für diese Tour entschieden haben. 
Zum Warmlaufen nehmen wir am Samstag nicht das Taxi nach Ottavan, sondern wandern von Täsch hoch. Ein hübscher Weg, zuerst durch den Wald, dann über blumenübersäte Wiesen zur Täschhütte. Die Hütte selber ist hübsch, geräumig und sauber, die Bewartung allerdings lässt den letzten Tick Freundlichkeit vermissen. Aber ja, es ist ja auch Hochbetrieb.

Am Sonntagmorgen ist um viertel nach drei Uhr Tagwacht. Eine Wahl hat man hier keine, es wird geweckt, fertig, schluss! Die zehn Minuten Liegenbleiben (azyklisches Verhalten zahlt sich beim 'Massenstart' aus) bezahlen wir allerdings beim Zmorgen - es hat keine Flöckli mehr, und man ist auch nicht gewillt, diese extra für uns nachzufüllen. 
Kurz nach vier Uhr starten wir im Licht der Stirnlampen. Mein Motor braucht wie üblich Aufwärmzeit, aber wir erreichen doch in den im Biner "Hochtouren im Wallis" veranschlagten anderthalb Stunden den Wissgrat. Vor uns sind noch zwei andere Seilschaften bereits am Klettern. Wohlwissend, dass wir heute noch genug zum Klettern kommen, folgen wir nicht den Seilschaften auf den Grat, sondern wandern im Tälchen rechterhand weit hoch, bis wir über Schneefelder den Grat erreichen, kurz bevor sich dieser aufsteilt. So sparen wir uns schon mal ein paar hundert Meter Bruch-Kraxeln.
Die ersten paar Meter spielen sich in recht steilem, festen Fels ab. Bald erreichen wir die Gratkante, und über Geröll und brüchigen Fels erreichen wir nach weiteren anderthalb Stunden den im Führer erwähnten Vereinigungspunkt mit dem eigentlichen Rotgrat.
Hier beginnt der mittlere Teil des Grates, der charakterisiert wird durch Firnpassagen, unterbrochen von einigen Aufschwüngen. Ich muss zugeben, dieses Teilstück komplett unterschätzt zu haben. Ein stetiger Wechsel aus Firn und Fels, wobei wir mit den Steigeisen klettern - das kostet Zeit! Wir erreichen erst etwa um halb 10 die 'Bastion'. Allerdings haben wir auf dem Grat immerhin von der Westexposition profitiert - der Firn war nämlich gut durchgefroren und ideal zu gehen.
Die erste Seillänge an der Bastion ist nachträglich gesehen auch gleich die Schlüsselstelle. Es liegt noch Schnee, teilweise ist der Fels vereist. Ich erreiche über einen kurzen Schnee/Eisschlauch einen guten Stand auf einem schmalen Bändchen. Die zweite Seillänge führt nach links über eine markante, angespaltene Schuppe auf das breite Band, auf welchem Schnee liegt. Hier hat es sogar einen Bohrhaken für einen Stand. Auf dem Schneeband quert man nach rechts, um dann in der Sonne die Steigeisen im Rucksack zu verstauen. Jetzt beginnt der Plaisirteil!
Hier in der dritten Seillänge - eine kurze Verschneidung mit Normalhaken, dann lange Traverse nach rechts. Nach der Traverse erreichen wir die Rippe, welche das grosse Couloir links begrenzt. Wir folgen jetzt in wunderbarer, leichter Kletterei in wirklich sehr gutem Fels der Rippe. Gut, die Kletterei ist sehr einfach (max. III-), aber macht in der Sonne und dem prächtigen Panorama wirklich Spass.
Nach etwa drei Seillängen legt sich der Grat zurück und wird eher blockiger. Fertig ist die Tour hier aber noch nicht, es hat zwei, drei recht kräftige Einzelstellen. Auch hier ist der Fels fast überall bombenfest. Hier sind wir im oberen Teil des Grates, unten gut sichtbar der Firngrat im mittleren Abschnitt.
Schlussendlich erreichen wir den markanten Quarzturm und danach eine Schulter auf dem Grat. Hier könnte man dem Grat weiter folgen. Allerdings ist der Fels hier verschneit, und irgendwie haben wir auch genug geklettert für heute. So beschliessen wir, über die steilen Schneehänge linkerhand direkt auf die Firnhaube zu klettern. Mit zwei Seillängen in etwa 45° steilem Firn erreichen wir dieselbe, und stehen bald schon auf dem Gipfel! Für die Bastion haben wir nochmals über drei Stunden gebraucht, also total neun Stunden. Auch wenn wir nicht pressiert haben, ist es mir doch ein Rätsel, wie man die Tour in sechs Stunden (laut Biner) schaffen sollte.
Ich spüre leider unerwartet stark die Höhe. Ob es am Wein lag, der gestern abend kredenzt wurde? Zum Glück ist der Normalweg wirklich supereinfach, und zweieinhalb Stunden später sind wir bereits wieder zurück auf der Hütte - gerade noch vor dem Gewitter!

Facts:
Alphubel, Rotgrat, ZS+, III+
Schöne Klettertour auf den Alphubel. Der Fels ist nur im ersten Gratabschnitt brüchig, an der Bastion ist er sogar richtig gut. Dank der Westexposition bleibt auch der Firn länger hart, dafür gibt es aber auch kalte Hände beim Klettern!

Material: Reduziertes Set Klemmkeile und Friends, Zackenschlingen. Für eine bekannte Hochtour hat es erstaunlich wenig Material am Grat, gerade mal drei Bohrhaken und ein Normalhaken. Der ganze Rest muss selber abgesichert werden.

Montag, 8. Juli 2013

Granitabenteuer am Moine Südgrat

Die Aiguille Moine ist ein bei uns eher unbekannter Granitzacken von knappen 3500 Metern Höhe. Er liegt aber inmitten des vielleicht eindrücklichsten Gletscherkessels der Alpen, nämlich hoch über dem Mer de Glace, direkt gegenüber der Grandes Jorasses auf der linken, und den Aiguilles de Chamonix auf der rechten Seite. Im Hintergrund thront der Mont Blanc. Diese prominente Lage hat ihn sogar mal auf die Titelseite eines "die Alpen" gebracht. Seit diesem Titelbild war die Tour auf meiner Wunschliste, jetzt, Anfangs Juli 2013, sollte es endlich klappen. Und so fahren Corina und ich am Freitagnachmittag nach Chamonix, wo wir uns auf dem Hauptplatz bei einem feinen Salat und dem Anblick der im Abendrot glühenden Blaitiere auf zwei wunderbare Tage einstimmen. 
Angedacht war, dass wir am Samstag die Route "Le Joyau et le Lotus" an den Flammes de Pierre klettern. Allerdings war bald klar, dass dieser Plan zusammen mit dem Zustieg und dem Weiterweg zur Couvercle-Hütte etwas zu ambitioniert ist. Deshalb belassen wir es dann bei einer gemütlichen Wanderung über die Balcons de Mer de Glace zur Hütte.
Die Hüttennacht ist soweit ok, ausser dass natürlich die Verte-Aspiranten bereits um Mitternacht aufstehen und dann eigentlich kontinuierlicher Betrieb in der Hütte ist. Wir haben den Wecker auf die 4 gestellt, kurz vor fünf gehen wir los. Ein grosser (und sehr langer) Tag kündet sich an!
Der Zustieg zur Rampe geht problemlos, bereits eine halbe Stunde später stehen wir am Bergschrund. Dieser lässt sich entweder links im Fels, oder rechts durch eine sandige Rinne überwinden. Die ersten zwei Seillängen auf der Rampe klettern wir mit den Steigeisen, weil es einige pickelharte, steile Schneefelder zu traversieren gibt. Ein typischer Kaltstart nach Chamonix-Art! Nach der Rampe wird das Gelände insgesamt freundlicher, leichte Bänder wechseln ab mit kurzen, aber teilweise recht harten Kletterstellen. Auch ist es nicht immer offensichtlich, wo der Weg durchführt, wobei es wohl auch nicht 'der leichteste Weg' gibt. Hier sind wir bereits im grossen Couloir, welches auf den Grat führt.
Einmal auf dem Grat angekommen spielt sich die interessante Kletterei meist auf den Westseite ab, was etwas den Nachteil hat, dass die Fotos schwierig zu belichten sind. Infolgedessen habe ich leider kaum Bildmaterial. Jedenfalls quert man zuerst auf einem mit dem Schnee etwas mühsamen Band nach links, klettert dann zwei kurze Seillängen in einer Rissverschneidung hoch, wobei die letzten 4 Meter mit etwa 5c die Schwierigsten sind. Über ein Band und eine leichte Verschneidung gelangt man zum fotogenen grossen Felstisch.
Weiter über ein Band, welches man teils kriechend auf der Westseite überwindet. Es folgt die wohl nominell schwierigste Seillänge, eine coole Rissverschneidung, gefolgt von einem V-Kamin. V-Kamin? Halt so ein Monster, wo man sich mit dem Körper reinpressen muss und sich - auf die mässige Reibung von Knien und Rucksack vertrauend - hochschrubbt. Sich immer auf der Westseite haltend, gelangt man über weitere, etwas leichtere Seillängen zurück auf den Grat. 
Es folgt dann noch ein kurzes, aber recht deftiges Wändchen, bis sich der Grat endgültig zurücklegt. Von hier wären es noch etwa 50 Höhenmeter auf den Gipfel. Wären, denn uns wird bewusst, dass, wenn wir heute noch zurück nach Zürich wollen, wir absteigen müssen. Es ist schon zwölf Uhr, und der Abstieg wird noch einige Zeit kosten. 
Das tut er tatsächlich. Faktisch klettert man 500 Höhenmeter anhaltend ab - das zehrt und braucht Zeit, auch wenn es nicht mehr als ein Zweier ist. Aber irgendwann ziehen wir das Seil von der untersten (und fast einziger) Abseilstelle ab, und 15 Minuten später sind wir schon in der Hütte. Wobei, die Tour ist noch nicht fertig, es warten immer noch die längsten und steilsten Leitern im Mont Blanc Massiv auf uns...
Als wir endlich, um halb zwölf Uhr nachts zuhause ankommen, spüren wir den Tag in jeder Faser des Körpers!

Facts:
Aiguille Moine, Südgrat, S-, 5c

Schöne Klettertour in genialer Umgebung. Die Schwierigkeiten sind zwar nur kurz und nicht anhaltend, aber man klettert eigentlich konstant vom ersten bis zum letzten Meter. Zusammen mit dem Abstieg, bei dem grosse Konzentration und Effizienz im Granitschrofengelände gefragt ist, eine recht lange und kräftezehrende Unternehmung. Sicher in keiner Form zu vergleichen mit den netten "Granitgrätchen" am Furka oder bei der Göscheneralp.

Material:  Pickel, Steigeisen, reduziertes Set Friends und Keile (in den schwierigen Stellen hat es altes Fixmaterial)