Montag, 22. Juli 2013

Rotgrat am Alphubel

Der Rotgrat am Alphubel ist eigentlich eine ziemlich ideale Hochtour: Eine schöne Kletterei in gutem Fels auf einen hohen Gipfel - und dazu ein einfacher Abstieg. Gerade der Abstieg war einer der Gründe, warum Corina und ich uns an diesem gewittrigen Wochenende für diese Tour entschieden haben. 
Zum Warmlaufen nehmen wir am Samstag nicht das Taxi nach Ottavan, sondern wandern von Täsch hoch. Ein hübscher Weg, zuerst durch den Wald, dann über blumenübersäte Wiesen zur Täschhütte. Die Hütte selber ist hübsch, geräumig und sauber, die Bewartung allerdings lässt den letzten Tick Freundlichkeit vermissen. Aber ja, es ist ja auch Hochbetrieb.

Am Sonntagmorgen ist um viertel nach drei Uhr Tagwacht. Eine Wahl hat man hier keine, es wird geweckt, fertig, schluss! Die zehn Minuten Liegenbleiben (azyklisches Verhalten zahlt sich beim 'Massenstart' aus) bezahlen wir allerdings beim Zmorgen - es hat keine Flöckli mehr, und man ist auch nicht gewillt, diese extra für uns nachzufüllen. 
Kurz nach vier Uhr starten wir im Licht der Stirnlampen. Mein Motor braucht wie üblich Aufwärmzeit, aber wir erreichen doch in den im Biner "Hochtouren im Wallis" veranschlagten anderthalb Stunden den Wissgrat. Vor uns sind noch zwei andere Seilschaften bereits am Klettern. Wohlwissend, dass wir heute noch genug zum Klettern kommen, folgen wir nicht den Seilschaften auf den Grat, sondern wandern im Tälchen rechterhand weit hoch, bis wir über Schneefelder den Grat erreichen, kurz bevor sich dieser aufsteilt. So sparen wir uns schon mal ein paar hundert Meter Bruch-Kraxeln.
Die ersten paar Meter spielen sich in recht steilem, festen Fels ab. Bald erreichen wir die Gratkante, und über Geröll und brüchigen Fels erreichen wir nach weiteren anderthalb Stunden den im Führer erwähnten Vereinigungspunkt mit dem eigentlichen Rotgrat.
Hier beginnt der mittlere Teil des Grates, der charakterisiert wird durch Firnpassagen, unterbrochen von einigen Aufschwüngen. Ich muss zugeben, dieses Teilstück komplett unterschätzt zu haben. Ein stetiger Wechsel aus Firn und Fels, wobei wir mit den Steigeisen klettern - das kostet Zeit! Wir erreichen erst etwa um halb 10 die 'Bastion'. Allerdings haben wir auf dem Grat immerhin von der Westexposition profitiert - der Firn war nämlich gut durchgefroren und ideal zu gehen.
Die erste Seillänge an der Bastion ist nachträglich gesehen auch gleich die Schlüsselstelle. Es liegt noch Schnee, teilweise ist der Fels vereist. Ich erreiche über einen kurzen Schnee/Eisschlauch einen guten Stand auf einem schmalen Bändchen. Die zweite Seillänge führt nach links über eine markante, angespaltene Schuppe auf das breite Band, auf welchem Schnee liegt. Hier hat es sogar einen Bohrhaken für einen Stand. Auf dem Schneeband quert man nach rechts, um dann in der Sonne die Steigeisen im Rucksack zu verstauen. Jetzt beginnt der Plaisirteil!
Hier in der dritten Seillänge - eine kurze Verschneidung mit Normalhaken, dann lange Traverse nach rechts. Nach der Traverse erreichen wir die Rippe, welche das grosse Couloir links begrenzt. Wir folgen jetzt in wunderbarer, leichter Kletterei in wirklich sehr gutem Fels der Rippe. Gut, die Kletterei ist sehr einfach (max. III-), aber macht in der Sonne und dem prächtigen Panorama wirklich Spass.
Nach etwa drei Seillängen legt sich der Grat zurück und wird eher blockiger. Fertig ist die Tour hier aber noch nicht, es hat zwei, drei recht kräftige Einzelstellen. Auch hier ist der Fels fast überall bombenfest. Hier sind wir im oberen Teil des Grates, unten gut sichtbar der Firngrat im mittleren Abschnitt.
Schlussendlich erreichen wir den markanten Quarzturm und danach eine Schulter auf dem Grat. Hier könnte man dem Grat weiter folgen. Allerdings ist der Fels hier verschneit, und irgendwie haben wir auch genug geklettert für heute. So beschliessen wir, über die steilen Schneehänge linkerhand direkt auf die Firnhaube zu klettern. Mit zwei Seillängen in etwa 45° steilem Firn erreichen wir dieselbe, und stehen bald schon auf dem Gipfel! Für die Bastion haben wir nochmals über drei Stunden gebraucht, also total neun Stunden. Auch wenn wir nicht pressiert haben, ist es mir doch ein Rätsel, wie man die Tour in sechs Stunden (laut Biner) schaffen sollte.
Ich spüre leider unerwartet stark die Höhe. Ob es am Wein lag, der gestern abend kredenzt wurde? Zum Glück ist der Normalweg wirklich supereinfach, und zweieinhalb Stunden später sind wir bereits wieder zurück auf der Hütte - gerade noch vor dem Gewitter!

Facts:
Alphubel, Rotgrat, ZS+, III+
Schöne Klettertour auf den Alphubel. Der Fels ist nur im ersten Gratabschnitt brüchig, an der Bastion ist er sogar richtig gut. Dank der Westexposition bleibt auch der Firn länger hart, dafür gibt es aber auch kalte Hände beim Klettern!

Material: Reduziertes Set Klemmkeile und Friends, Zackenschlingen. Für eine bekannte Hochtour hat es erstaunlich wenig Material am Grat, gerade mal drei Bohrhaken und ein Normalhaken. Der ganze Rest muss selber abgesichert werden.

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