Die meisten Touren, die ich bisher gemacht habe, würde ich ohne zu zögern noch einmal machen - dies gilt insbesondere für die Touren in meinem Blog. Aber dies gilt ganz sicher nicht für den Rotbrättgrat. Im Gegenteil, diese Unternehmung fällt eher in die Kategorie "zum Glück ist nichts passiert".
Tatsache ist, dass man über den Rotbrättgrat, den NW-Grat auf die Jungfrau, sozusagen keine wertenden Infos findet. Und da ich grundsätzlich ein Faible habe für wilde, wenig begangene Unternehmungen, lag es nahe, dass ich da mal einsteigen möchte. Zuerst aber muss man sich die 1700hm in die Silberhornhütte 'verdienen'. Hier Thömel in ansprechendem T5 Gelände. Die Geissen sind übrigens total geil auf Salz und schlecken einem die Beine ab beim Wandern.
Kurz vor der Hütte betritt man die "Strählblatti", riesige Kalkplattenschüsse. Was uns jetzt staunen lässt, kann sich bei Neuschnee schnell in einen Alptraum verwandeln.
Nach etwa viereinhalb Stunden erreichen wir die Hütte. Die Landschaft ist wirklich sehr urtümlich und wild, und man fühlt sich fast etwas alleine auf diese Welt - in welcher anderen Hütte kommt das noch vor?
Wir nutzen die Zeit noch für eine kurze Reko-Tour. Zudem quere ich noch unter dem Rotbrätt durch, um einen Augenschein in der Sportkletterroute "Fätze und Bitze" zu nehmen. Sieht schon recht geil aus, sehr steil, die erste Seillänge scheint auch ordentlich abgesichert zu sein. Aber wer nimmt schon 1700hm Zustieg für 11 Seillängen auf sich... eigentlich schade. Laut Hüttenbuch wurde die Route in den letzten vier Jahren immerhin einmal begangen.
Den Abend verbringen wir jassend mit den beiden anderen Türelern, die sich den Silberhorn NW-Grat für morgen vorgenommen haben.
Am nächsten Morgen starten wir um 4:40. Unserer Berechnung zufolge haben wir ab etwa halb sechs Uhr Tageslicht, und dann sollten wir auch den Beginn der Kletterei erreicht haben. Im Schein der Taschenlampe kraxeln wir über die "dachziegelartigen Felsen" (sagt schon alles...) und gelangen ans erste Schneefeld. Das Geröllfeld ist extrem ätzend, wir traversieren im Schnee und gelangen so an die Felsen. Hier wird das Gelände steiler, man kraxelt über mässig stabile, schuttbedeckte Blöcke. Bald sehen wir ein Steinmännli und gelangen auch schon zur ersten kritischen Abzweigung, einem Felscouloir. Hier nicht nach links gehen, auch wenn es verlockend aussieht! Vielmehr quert man über nasse Felsen das Couloir und gelangt so in leichtes Schuttgelände mit mehr Steinmännchen. Jetzt geht es ziemlich gerade hoch, teilweise hat es kurze Kletterpassagen im zweiten Grad, nie schwierig, nie fest, nie absicherbar, immer etwas heikel. Irgendwann erreichen wir dann das zweite Schneefeld und steigen an dessem rechten Rand hoch. Auch wenn man es kaum glaubt, aber das Gelände wird eher noch blöder: Hier ist der Schutt teilweise gefroren, auch sind einige Tritte vereist, man muss wirklich pausenlos verdammt gut aufpassen. Und endlich kommt sie in Sicht, die Kette!
Bei einem genaueren Augenschein läuft es mir aber kalt den Rücken runter: Mehrere Verankerungen der Kette sind ausgerissen! Und daran soll man sich hochziehen? Ich gebe meine Freikletterambitionen allerdings schnell aus, brüchiger, teils eisüberzogener Fels...
Zudem ist es auch erstaunlich steil, ich denke mal die Kletterei würde im trockenen Zustand durchaus bei einem Fünfer einchecken.
Nach der Kette folgt nochmals eine kurze, etwas heikle Stufe, dann erreichen wir das Schuttband. Mittlerweile ist es etwa halb sieben. Das untere Bild ist repräsentativ für die 'Qualität' der Kletterei.
Das Schuttband ist nicht ganz so schlimm wie befürchtet und lässt sich problemlos leicht absteigend traversieren. Bald gelangen wir zum 'breiten Riss'. Und hier - man glaubt es kaum - kommt sogar so was wie Kletterfreude auf. Auf tiefem Niveau natürlich, aber immerhin hat hier der Fels ausnahmsweise mal nicht die Konsistenz von Lego. Die Schwierigkeit ist so im unteren dritten Grad, man kann's mit Klemmkeilen absichern.
Nach etwa 40 Meter erreiche ich den Grat und kann zum ersten Mal eine solide Zackenschlinge als Stand zum Nachsichern einsetzen!
Wenn man allerdings meint, dass jetzt ein Plaisirgrätchen kommt - weit gefehlt. Der Fels bleibt ungünstig geschichtet und - natürlich - brüchig bis zum Geht-nicht-mehr.
Komischerweise sind die beiden Sicherungsstangen im Bild oben just an der leichtesten und (noch) solidesten Stelle. Weiter oben folgt eine weitere heikle Passage im 2. Grad, wo Stürzen ein No-Go ist. Wobei wir vielleicht auch nicht den optimalsten Weg gefunden haben.
Oben flacht dann der Grat ab und wir gelangen zum berüchtigten 'Fellenbergflieli'. Hier mussten die Erstbegeher aufgeben. Heutzutage hängt ein dickes Tau über die etwa 6 Meter hohe Felsstufe. Ob die Kletterei auch frei geht?
Sie geht! Und sie ist sogar noch ganz hübsch zu klettern (nach dem Riss die zweite nicht-ganz-so-brüchige Stelle). Laut Führer ein Vierer, ich hätte jetzt eher einen unteren Fünfer veranschlagt. Eigentlich schade dass hier ein Seil hängt, viel besser fände ich ein paar Bohrhaken, so dass man auch wirklich klettern muss!
Der Grat wird jetzt etwas leichter und - ironischerweise - auch etwas fester, und geht dann in Firn über. Bin nicht unglücklich, auf die Steigeisen wechseln zu dürfen.
Die nächste Schlüsselpassage ist der Aufstieg zum Goldenhorn. Dank den super Schneeverhältnissen geht das perfekt, der Hang ist etwas über 45° steil und lässt sich perfekt gehen. Um etwa 8:30 erreichen wir das Goldenhorn und bald darauf über leichte Schneehänge das Silberhorn. Ein schöner Aussichtspunkt in einer eindrücklichen Hochgebirgslandschaft.
Jetzt ist aber die Tour noch nicht fertig, wie ein Blick auf das folgende Gneisgrätli zeigt. Es verspricht vielmehr abwechslungsreiche Kletterei im Firn und Fels.
Aber, zu unserer beider Freude ist der Fels hier fest! Was für eine Erlösung. Es liegt recht viel Schnee, wir klettern alles mit Steigeisen.
Zuerst steigt man etwa 70 Meter zur 'Silberlücke' ab, danach folgt ein grimmig aussehender, aber links gut zu überkletternden Gendarm.
Nach etwa einer Stunde haben wir bereits das Ende des Gneisgrates erreicht und stehen auf dem Hochfirn. Ab jetzt ist der Gipfelanstieg ein 'No-brainer'. Dafür hat man etwas Musse, die tolle Aussicht auf die Nordwände im Lauterbrunnental zu geniessen und die steilen Wände nach Gullies abzusuchen.
Schlussendlich wird es dann doch noch ziemlich zäh, bis wir endlich um viertel nach elf, nach gut sechseinhalb Stunden Aufstieg, auf der Jungfrau stehen!
Der Abstieg über die Südflanke vollzieht sich ohne grössere Probleme, dafür mit einigem Staunen über Alpintechniken, zum Beispiel hier 'Seilbähnliland Schweiz'.
Vom Rottalsattel steigen wir direkt ab, was zur Zeit super geht. Allerdings hat es eine gigantische Rutschbahn eines wohl kürzlich abgebrochenen Seracs. Da gibt es doch tatsächlich Zeitgenossen, die die riesigen Eisbrocken so schön finden, dass sie inmitten dieser Blöcke einen Rast machen!
Nach etwas mehr als anderthalb Stunden sind wir bereits im Jungfraujoch und können in der Abfahrt nochmals unsere Route bestaunen.
Facts: Jungfrau, Rotbrättgrat, S+.
Eine wilde Bergfahrt in erschreckend brüchigem Gestein. Man muss den Hinweis im Führer bezüglich Neuschnee oder Vereisung unbedingt ernst nehmen, das Gelände ist schon im trocken Zustand heikel, die ausnahmslos abwärts geschichteten Felsen lassen sich bei Neuschnee wohl kaum klettern. Zudem ist die Steinschlaggefahr durch andere Tourengänger sehr hoch, da sich der Aufstieg meist in der Falllinie vollzieht.
Material: 40 Meter Seil ist ideal, ein paar Klemmkeile zur Absicherung (Zackenschlingen lassen sich kaum einsetzen). Allenfalls könnte ein Hammer + ein paar Schlaghaken gute Dienste leisten.
Hier noch den unteren Teil der Route im Detail:
1. Abzweigung Couloir nach rechts
2. Kette
3. Breiter Riss
Tatsache ist, dass man über den Rotbrättgrat, den NW-Grat auf die Jungfrau, sozusagen keine wertenden Infos findet. Und da ich grundsätzlich ein Faible habe für wilde, wenig begangene Unternehmungen, lag es nahe, dass ich da mal einsteigen möchte. Zuerst aber muss man sich die 1700hm in die Silberhornhütte 'verdienen'. Hier Thömel in ansprechendem T5 Gelände. Die Geissen sind übrigens total geil auf Salz und schlecken einem die Beine ab beim Wandern.
Kurz vor der Hütte betritt man die "Strählblatti", riesige Kalkplattenschüsse. Was uns jetzt staunen lässt, kann sich bei Neuschnee schnell in einen Alptraum verwandeln.
Nach etwa viereinhalb Stunden erreichen wir die Hütte. Die Landschaft ist wirklich sehr urtümlich und wild, und man fühlt sich fast etwas alleine auf diese Welt - in welcher anderen Hütte kommt das noch vor?
Wir nutzen die Zeit noch für eine kurze Reko-Tour. Zudem quere ich noch unter dem Rotbrätt durch, um einen Augenschein in der Sportkletterroute "Fätze und Bitze" zu nehmen. Sieht schon recht geil aus, sehr steil, die erste Seillänge scheint auch ordentlich abgesichert zu sein. Aber wer nimmt schon 1700hm Zustieg für 11 Seillängen auf sich... eigentlich schade. Laut Hüttenbuch wurde die Route in den letzten vier Jahren immerhin einmal begangen.
Den Abend verbringen wir jassend mit den beiden anderen Türelern, die sich den Silberhorn NW-Grat für morgen vorgenommen haben.
Am nächsten Morgen starten wir um 4:40. Unserer Berechnung zufolge haben wir ab etwa halb sechs Uhr Tageslicht, und dann sollten wir auch den Beginn der Kletterei erreicht haben. Im Schein der Taschenlampe kraxeln wir über die "dachziegelartigen Felsen" (sagt schon alles...) und gelangen ans erste Schneefeld. Das Geröllfeld ist extrem ätzend, wir traversieren im Schnee und gelangen so an die Felsen. Hier wird das Gelände steiler, man kraxelt über mässig stabile, schuttbedeckte Blöcke. Bald sehen wir ein Steinmännli und gelangen auch schon zur ersten kritischen Abzweigung, einem Felscouloir. Hier nicht nach links gehen, auch wenn es verlockend aussieht! Vielmehr quert man über nasse Felsen das Couloir und gelangt so in leichtes Schuttgelände mit mehr Steinmännchen. Jetzt geht es ziemlich gerade hoch, teilweise hat es kurze Kletterpassagen im zweiten Grad, nie schwierig, nie fest, nie absicherbar, immer etwas heikel. Irgendwann erreichen wir dann das zweite Schneefeld und steigen an dessem rechten Rand hoch. Auch wenn man es kaum glaubt, aber das Gelände wird eher noch blöder: Hier ist der Schutt teilweise gefroren, auch sind einige Tritte vereist, man muss wirklich pausenlos verdammt gut aufpassen. Und endlich kommt sie in Sicht, die Kette!
Bei einem genaueren Augenschein läuft es mir aber kalt den Rücken runter: Mehrere Verankerungen der Kette sind ausgerissen! Und daran soll man sich hochziehen? Ich gebe meine Freikletterambitionen allerdings schnell aus, brüchiger, teils eisüberzogener Fels...
Zudem ist es auch erstaunlich steil, ich denke mal die Kletterei würde im trockenen Zustand durchaus bei einem Fünfer einchecken.
Nach der Kette folgt nochmals eine kurze, etwas heikle Stufe, dann erreichen wir das Schuttband. Mittlerweile ist es etwa halb sieben. Das untere Bild ist repräsentativ für die 'Qualität' der Kletterei.
Das Schuttband ist nicht ganz so schlimm wie befürchtet und lässt sich problemlos leicht absteigend traversieren. Bald gelangen wir zum 'breiten Riss'. Und hier - man glaubt es kaum - kommt sogar so was wie Kletterfreude auf. Auf tiefem Niveau natürlich, aber immerhin hat hier der Fels ausnahmsweise mal nicht die Konsistenz von Lego. Die Schwierigkeit ist so im unteren dritten Grad, man kann's mit Klemmkeilen absichern.
Nach etwa 40 Meter erreiche ich den Grat und kann zum ersten Mal eine solide Zackenschlinge als Stand zum Nachsichern einsetzen!
Wenn man allerdings meint, dass jetzt ein Plaisirgrätchen kommt - weit gefehlt. Der Fels bleibt ungünstig geschichtet und - natürlich - brüchig bis zum Geht-nicht-mehr.
Komischerweise sind die beiden Sicherungsstangen im Bild oben just an der leichtesten und (noch) solidesten Stelle. Weiter oben folgt eine weitere heikle Passage im 2. Grad, wo Stürzen ein No-Go ist. Wobei wir vielleicht auch nicht den optimalsten Weg gefunden haben.
Oben flacht dann der Grat ab und wir gelangen zum berüchtigten 'Fellenbergflieli'. Hier mussten die Erstbegeher aufgeben. Heutzutage hängt ein dickes Tau über die etwa 6 Meter hohe Felsstufe. Ob die Kletterei auch frei geht?
Sie geht! Und sie ist sogar noch ganz hübsch zu klettern (nach dem Riss die zweite nicht-ganz-so-brüchige Stelle). Laut Führer ein Vierer, ich hätte jetzt eher einen unteren Fünfer veranschlagt. Eigentlich schade dass hier ein Seil hängt, viel besser fände ich ein paar Bohrhaken, so dass man auch wirklich klettern muss!
Der Grat wird jetzt etwas leichter und - ironischerweise - auch etwas fester, und geht dann in Firn über. Bin nicht unglücklich, auf die Steigeisen wechseln zu dürfen.
Die nächste Schlüsselpassage ist der Aufstieg zum Goldenhorn. Dank den super Schneeverhältnissen geht das perfekt, der Hang ist etwas über 45° steil und lässt sich perfekt gehen. Um etwa 8:30 erreichen wir das Goldenhorn und bald darauf über leichte Schneehänge das Silberhorn. Ein schöner Aussichtspunkt in einer eindrücklichen Hochgebirgslandschaft.
Jetzt ist aber die Tour noch nicht fertig, wie ein Blick auf das folgende Gneisgrätli zeigt. Es verspricht vielmehr abwechslungsreiche Kletterei im Firn und Fels.
Aber, zu unserer beider Freude ist der Fels hier fest! Was für eine Erlösung. Es liegt recht viel Schnee, wir klettern alles mit Steigeisen.
Zuerst steigt man etwa 70 Meter zur 'Silberlücke' ab, danach folgt ein grimmig aussehender, aber links gut zu überkletternden Gendarm.
Nach etwa einer Stunde haben wir bereits das Ende des Gneisgrates erreicht und stehen auf dem Hochfirn. Ab jetzt ist der Gipfelanstieg ein 'No-brainer'. Dafür hat man etwas Musse, die tolle Aussicht auf die Nordwände im Lauterbrunnental zu geniessen und die steilen Wände nach Gullies abzusuchen.
Schlussendlich wird es dann doch noch ziemlich zäh, bis wir endlich um viertel nach elf, nach gut sechseinhalb Stunden Aufstieg, auf der Jungfrau stehen!
Der Abstieg über die Südflanke vollzieht sich ohne grössere Probleme, dafür mit einigem Staunen über Alpintechniken, zum Beispiel hier 'Seilbähnliland Schweiz'.
Vom Rottalsattel steigen wir direkt ab, was zur Zeit super geht. Allerdings hat es eine gigantische Rutschbahn eines wohl kürzlich abgebrochenen Seracs. Da gibt es doch tatsächlich Zeitgenossen, die die riesigen Eisbrocken so schön finden, dass sie inmitten dieser Blöcke einen Rast machen!
Nach etwas mehr als anderthalb Stunden sind wir bereits im Jungfraujoch und können in der Abfahrt nochmals unsere Route bestaunen.
Facts: Jungfrau, Rotbrättgrat, S+.
Eine wilde Bergfahrt in erschreckend brüchigem Gestein. Man muss den Hinweis im Führer bezüglich Neuschnee oder Vereisung unbedingt ernst nehmen, das Gelände ist schon im trocken Zustand heikel, die ausnahmslos abwärts geschichteten Felsen lassen sich bei Neuschnee wohl kaum klettern. Zudem ist die Steinschlaggefahr durch andere Tourengänger sehr hoch, da sich der Aufstieg meist in der Falllinie vollzieht.
Material: 40 Meter Seil ist ideal, ein paar Klemmkeile zur Absicherung (Zackenschlingen lassen sich kaum einsetzen). Allenfalls könnte ein Hammer + ein paar Schlaghaken gute Dienste leisten.
Hier noch den unteren Teil der Route im Detail:
1. Abzweigung Couloir nach rechts
2. Kette
3. Breiter Riss
Ganz toller Blog!
AntwortenLöschenWir waren einen Tag vor euch am inneren Rottalgrat bei perfekten Bedingungen.