Die Escarra an der Chardonnet ist die markante Rinne, welche die Nordwand diagonal durchzieht. Es ist dies mit etwa 500m Kletterstrecke eine verhältnismässig kurze, aber technische Nordwandroute. Man könnte diese Art Routen durchaus als 'Sport-Alpinismus' bezeichnen, in Anlehnung zum (alpinen) Sportklettern, wo ebenfalls das Prestige und die Höhe des Gipfels weniger zählen als die Schönheit der Kletterei. Interessanterweise findet diese Art von Bergsteigen bei uns kaum Anhänger, anders als in Frankreich und speziell in der Gegend um Chamonix, wo diese Routen sehr populär sind.
Wie dem auch sei, mich hat die Route schon seit geraumer Zeit gereizt, und an diesem Wochenende soll es auch endlich klappen. Die Bahn zum Refuge Albert 1er fährt nicht, deshalb gilt es zuerst 1300hm in die Hütte hochzusteigen.
Die Hütte ist bewartet, einen Monat früher als normal. Und sie ist auch richtig voll! Über 100 Leute verteilen sich auf die umliegenden Berge, der Aiguille Chardonnet und der Aiguille du Tour. Das Essen ist lausig und es gibt erst noch kein Nachschlag. Und besonders mühsam, vor und nach dem Essen muss jeweils der Aufenthaltsraum 'geräumt' werden und man wird gebeten draussen zu warten. Irgendwie erniedrigend. Ich schwöre mir, das nächste Mal gleich meinen Kocher mitzunehmen. Dafür ist der Blick auf das Ziel von morgen grossartig:
Deutlich sichtbar ist die Escarra, die diagonale Linie, welche die Nordwand von unten rechts nach oben links durchzieht.
Nach einer kurzen Nacht gehts um halb drei los. Ausser uns wollen noch vier andere Seilschaften in die Escarra, es lohnt sich also etwas zügig loszugehen. Über den flachen, perfekt eingeschneiten und perfekt tragenden Gletscher gehts bis zur Rampe, und, einige grosse Spalten umgehend, bis unter den Bergschrund. Hier oben hat es doch etwa 40cm Pulverschnee, aber wir können in einer guten Spur gehen. Wir brauchen gute zwei Stunden bis hierhin.
Eine erste Seillänge führt über den wirklich einfachen Schrund bis an den Einstieg. Dann beginnt die eigentliche Kletterei, über leichtes, schönes Mixedgelände, durchsetzt mit Schnee, geht es 60m hoch.
Wunderschönes Licht vom frühen Sonnenaufgang. Die "Charlet-Bettembourg", welche ich in letztem Herbst zusammen mit Dieter machte, sieht ebenfalls gut aus.
Nach einer Schneecouloir, 50°, 80m folgt die Schlüssel-Seillänge: Eine eisgefüllte Verschneidung, unten etwa 60°, oben auf wenige Meter bis 80° steil. Laut Führer Wi4, aber wie gewohnt überbewertet, ich hätte etwa Wi3 veranschlagt. Allerdings ist das Eis ziemlich spröde und nicht so schön zu klettern.
Sophie hats trotz des von den vorangehenden zwei Seilschaften ausgelöstem Eisgebrösels gut gefallen.
Jetzt folgen zuerst weitere 50 Meter in Schnee, danach 50m etwa 55° in Blankeis. Ist zwar nicht schwer zu klettern, aber ebenfalls spröde, die Waden beginnen zu brennen.
Danach folgen nochmals etwa 60 Meter in Pulverschnee, wobei hier das Blankeis nur etwa 20cm unter dem Schnee ist, man darf also durchaus vorsichtig gehen. Schliesslich erreichen wir den kleinen Sattel und stehen nach drei Stunden im Kühlschrank endlich in der warmen Sonne!
Hier steigt grad eine Seilschaft auf dem Migot-Sporn aus, der heute wie der Forbes-Grat ebenfalls gut besucht ist.
Sophie gönnt sich den Ausstieg über die ebenfalls blanke Nordwand.
Der Tiefblick ist gigantisch, und die Waden bleiben überhitzt.
Schliesslich erreichen wir nach knapp vier Stunden in der Wand den Gipfel und bewundern das Panorama. Gleich gegenüber die vor knapp zwei Monaten durchstiegene Courtes-Nordwand.
Der Abstieg ist dann soweit problemlos. Der Gipfelgrat ist zwar mit dem vielen Schnee etwas schwieriger als normal (ja, auf dieser Höhe ist vom trockenen Frühling nicht viel zu spüren). Hingegen ist der nachfolgende SW-Hang im Trittschnee problemlos.
Wir wählen die linke Abseilpiste und erreichen nach drei mal Abseilen (20m, 60m, 60m) bereits um halb elf Uhr den Schneesattel. Da Sophie noch nicht genug hat, rettet sie noch ihren Leintuchschlafsack, den sie im Aufstieg verloren hat, aus einer imposanten Gletscherspalte. Der Abstieg zurück zur Hütte gestaltet sich super einfach, weil der Gletscher immer noch perfekt gefroren ist. Um viertel nach zwölf sind wir auf der Hütte, über Schneefelder rutschen wir ab, vernichten Höhenmeter, und so erreichen wir um 14 Uhr den Bahnhof Montroc. Leider hat die französische Bahn beschlossen, den Zug ausfallen zu lassen (mangelnde Nachfrage? Streik? zuwenig Atomstrom?). Ärgerlich, aber dank Autostopp kommen wir doch noch zurück nach Martigny.
Facts:
Aiguille du Chardonnet, Goulotte Escarra, S, Wi4, 80°.
Zeit: Etwa 2.5h an den Einstieg, Goulotte 4h, Abstieg 2h.
Material: Etwa 8 Eisschrauben, ein paar Schlingen, Friends und Keile nicht zwingend. Doppelseile für den Abstieg von Vorteil.
Eine schöne, abwechslungsreiche, aber recht kurze Nordwandroute mit problemlosem Abstieg. Deutlich weniger ernsthaft als die Routen im Argentiere-Kessel. Nochmals die Route im Überblick:
Wie dem auch sei, mich hat die Route schon seit geraumer Zeit gereizt, und an diesem Wochenende soll es auch endlich klappen. Die Bahn zum Refuge Albert 1er fährt nicht, deshalb gilt es zuerst 1300hm in die Hütte hochzusteigen.
Die Hütte ist bewartet, einen Monat früher als normal. Und sie ist auch richtig voll! Über 100 Leute verteilen sich auf die umliegenden Berge, der Aiguille Chardonnet und der Aiguille du Tour. Das Essen ist lausig und es gibt erst noch kein Nachschlag. Und besonders mühsam, vor und nach dem Essen muss jeweils der Aufenthaltsraum 'geräumt' werden und man wird gebeten draussen zu warten. Irgendwie erniedrigend. Ich schwöre mir, das nächste Mal gleich meinen Kocher mitzunehmen. Dafür ist der Blick auf das Ziel von morgen grossartig:
Deutlich sichtbar ist die Escarra, die diagonale Linie, welche die Nordwand von unten rechts nach oben links durchzieht.
Nach einer kurzen Nacht gehts um halb drei los. Ausser uns wollen noch vier andere Seilschaften in die Escarra, es lohnt sich also etwas zügig loszugehen. Über den flachen, perfekt eingeschneiten und perfekt tragenden Gletscher gehts bis zur Rampe, und, einige grosse Spalten umgehend, bis unter den Bergschrund. Hier oben hat es doch etwa 40cm Pulverschnee, aber wir können in einer guten Spur gehen. Wir brauchen gute zwei Stunden bis hierhin.
Eine erste Seillänge führt über den wirklich einfachen Schrund bis an den Einstieg. Dann beginnt die eigentliche Kletterei, über leichtes, schönes Mixedgelände, durchsetzt mit Schnee, geht es 60m hoch.
Wunderschönes Licht vom frühen Sonnenaufgang. Die "Charlet-Bettembourg", welche ich in letztem Herbst zusammen mit Dieter machte, sieht ebenfalls gut aus.
Nach einer Schneecouloir, 50°, 80m folgt die Schlüssel-Seillänge: Eine eisgefüllte Verschneidung, unten etwa 60°, oben auf wenige Meter bis 80° steil. Laut Führer Wi4, aber wie gewohnt überbewertet, ich hätte etwa Wi3 veranschlagt. Allerdings ist das Eis ziemlich spröde und nicht so schön zu klettern.
Sophie hats trotz des von den vorangehenden zwei Seilschaften ausgelöstem Eisgebrösels gut gefallen.
Jetzt folgen zuerst weitere 50 Meter in Schnee, danach 50m etwa 55° in Blankeis. Ist zwar nicht schwer zu klettern, aber ebenfalls spröde, die Waden beginnen zu brennen.
Danach folgen nochmals etwa 60 Meter in Pulverschnee, wobei hier das Blankeis nur etwa 20cm unter dem Schnee ist, man darf also durchaus vorsichtig gehen. Schliesslich erreichen wir den kleinen Sattel und stehen nach drei Stunden im Kühlschrank endlich in der warmen Sonne!
Hier steigt grad eine Seilschaft auf dem Migot-Sporn aus, der heute wie der Forbes-Grat ebenfalls gut besucht ist.
Sophie gönnt sich den Ausstieg über die ebenfalls blanke Nordwand.
Der Tiefblick ist gigantisch, und die Waden bleiben überhitzt.
Schliesslich erreichen wir nach knapp vier Stunden in der Wand den Gipfel und bewundern das Panorama. Gleich gegenüber die vor knapp zwei Monaten durchstiegene Courtes-Nordwand.
Der Abstieg ist dann soweit problemlos. Der Gipfelgrat ist zwar mit dem vielen Schnee etwas schwieriger als normal (ja, auf dieser Höhe ist vom trockenen Frühling nicht viel zu spüren). Hingegen ist der nachfolgende SW-Hang im Trittschnee problemlos.
Wir wählen die linke Abseilpiste und erreichen nach drei mal Abseilen (20m, 60m, 60m) bereits um halb elf Uhr den Schneesattel. Da Sophie noch nicht genug hat, rettet sie noch ihren Leintuchschlafsack, den sie im Aufstieg verloren hat, aus einer imposanten Gletscherspalte. Der Abstieg zurück zur Hütte gestaltet sich super einfach, weil der Gletscher immer noch perfekt gefroren ist. Um viertel nach zwölf sind wir auf der Hütte, über Schneefelder rutschen wir ab, vernichten Höhenmeter, und so erreichen wir um 14 Uhr den Bahnhof Montroc. Leider hat die französische Bahn beschlossen, den Zug ausfallen zu lassen (mangelnde Nachfrage? Streik? zuwenig Atomstrom?). Ärgerlich, aber dank Autostopp kommen wir doch noch zurück nach Martigny.
Facts:
Aiguille du Chardonnet, Goulotte Escarra, S, Wi4, 80°.
Zeit: Etwa 2.5h an den Einstieg, Goulotte 4h, Abstieg 2h.
Material: Etwa 8 Eisschrauben, ein paar Schlingen, Friends und Keile nicht zwingend. Doppelseile für den Abstieg von Vorteil.
Eine schöne, abwechslungsreiche, aber recht kurze Nordwandroute mit problemlosem Abstieg. Deutlich weniger ernsthaft als die Routen im Argentiere-Kessel. Nochmals die Route im Überblick:
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