Freitag, 20. Juli 2012

Cordier-Pfeiler

Vielleicht hat man sich schon gefragt, ob dieser Blog ins Nirvana gegangen sei... dem sei versichert, nein! Aber eine Kombination aus viel Arbeit und fast permanent schlechten Wetters hat schlussendlich zu der dreimonatigen Pause geführt. 
Nun ja, am Montag fahren Peter und ich hochmotiviert nach Chamonix mit dem Ziel, ein Abenteuer zu erleben. Nachdem allerdings eine Kaltfront etwas mehr Schnee als erwartet gebracht hat, wurden die Ziele kurzfristig noch etwas redimensioniert. Wir einigen uns schlussendlich auf den Cordier-Pfeiler am Grand Charmoz. Versprochen wird klassische Kletterei und alpines Ambiente - dies natürlich im besten Chamonix-Granit. 

Am Dienstag geht es zur Akklimatisation und zum 'Anpsychen' an den Pilier Rouge de Blaitière. Wir peilen die Route "L'eau rance d'Arabie" an, die bei etwa 6b eincheckt. Die interessanten Wolkenstrukturen in der Höhe deuten an, dass die Wahl einer etwas niedriger gelegenen Wand durchaus richtig ist.
Da der Pfeiler nach Westen exponiert ist, gibt es erst ab etwa 12:30 Sonne. Die ersten vier Seillängen werden im Schatten und mit entsprechend kalten Fingern absolviert. Wobei die erste Seillänge mit 6b auch gleich die Schlüsselstelle ist. Ein etwas schmieriger Fingerriss in einer glatten Platte, immerhin mit Bohrhaken!!! gut abgesichert. Weiter oben wird es etwas leichter verdaulich, wobei auch hier gelegentlich mal eine Prüfung in Form eines schwierigen Zuges, abgesichert durch ein mobiles Klemmgerät, auf den Kletterer wartet.
Wirklich begeisternd sind dann die beiden letzten Seillängen in rotem, gut strukturierten Granit. Bei der 7. Länge kann ein 4er Camalot gute Dienste leisten. Zum Ausklettern gibt sich Peter noch einen 6c-Riss als Baseclimb im rechten Teil der Wand.

Facts:
Pilier Rouge de Blaitière, "L'eau rance d'Arabie", 6b, eine Stelle A0.
Schöne Risskletterei, Bohrhaken dort wo nicht selber gelegt werden kann, gebohrte Stände. 
Material: Vollständiges Set Friends, evtl. 4er Cam für die 7. Länge.

Nur geht es schwer bepackt zum Biwak auf der Moräne des Nantillons-Gletschers. Von hier aus wollen wir am Mittwoch früh zum eigentlichen Ziel des Trips starten, dem Cordier-Pfeiler. Beim Biwak, welches direkt am Zustiegsweg liegt und Platz für drei Leute bietet, hat es leider kein Wasser, so müssen wir halt Schnee schmelzen. Im Hintergrund der Grand Charmoz mit dem mittigen Cordier-Pfeiler.
In der Nacht bereue ich es ein bisschen, dass wir nicht im Refuge Plan d'Aiguille übernachtet haben. Allerdings darf man ja durchaus etwas Commitment erwarten bei einer solchen Unternehmung. Es muss allerdings gesagt werden, dass sich das Biwak schlussendlich kaum lohnt. 
Anyway, um 5 Tagwache, etwa um 6 gehts los, und um viertel vor sieben erreichen wir den Einstieg. Der Schrund lässt sich problemlos überwinden. 
Ich kämpfe wieder einmal mit meiner morgendlichen Motivationsschwäche. Die erste Seillänge über einen leichten Riss geht allerdings problemlos, ausser dass ich in der Hektik mein Abseilgerät in den Schrund fallen lasse. Peter zieht hier das schwerere Los und muss in der zweite Länge mit einer ekligen Rissverschneidung kämpfen. Cotation Chamoniard V+, fühlt sich eher an wie 6a+. Nach einer etwas besseren 5er Länge (nicht zu früh nach links über die sandige Platte, sondern rechts den Rissen nach) erreicht man leichteres Gelände und gelangt an den Fuss eines imposanten Steilaufschwunges. Dieser wird in einer tollen 6a-Länge mit steilen Rissverschneidungen überwunden. Der Weg ist allerdings dank vielen Normalhaken vorgegeben und lässt sich problemlos noch zusätzlich absichern.
Es folgt wieder leichteres Gelände, die V-/A0 Stelle im Topoguide haben wir nicht gefunden, hingegen einen kurzen 'Überwindungszug' in eben dieser Seillänge. Etwas deftigeren Stoff bietet dann die erste 'berühmte' Stelle, der S-Riss nach links. Mit flauem Gefühl im Magen starte ich ins Ungewisse. Wobei, schlussendlich geht es gäbig und lässt sich auch wirklich problemlos mit kleinen Friends absichern.
Es folgen mehrere Seillängen immer entlang einer mehr oder weniger markanten Verschneidung. Die im Topoguide mit 6a bewertete Länge fand ich im Vorstieg eher leichter, zudem hat sie wirklich sehr viele Normalhaken. 

Auch die beiden nachfolgenden Fünfer-Längen gehen gut zur Hand. Wirklich grauslig ist dann die 3er Länge aufs Band: Ein Trümmerfeld aus abschussbereiten Blöcken, die unweigerlich auf nachfolgende Seilschaften fallen. Dafür erreichen wir endlich die Sonne! Wobei, der Faserpelz wird nicht ausgezogen, es weht ein etwas bissiger Wind.
Über leichtes, sehr schönes Gelände geht es weiter. 


Nach drei problemlosen Seillängen wird das Gelände wieder steiler. Der krönende Abschluss der Tour wartet! Es beginnt mit einer sehr langen (51m) Seillänge: Zuerst fast senkrechte Kletterei an bizarren Strukturen, dann ein steiler Handriss, gefolgt von einer Kaminverschneidung. Dies alles an rotem, mit Knobs übersätem Granit. Definitiv eine der besten Längen, die ich je im Granit geklettert bin!
Die folgende Länge ist wieder etwas leichter, wiederum ein Hand-/Faustriss, mit tollem Tiefblick auf den Gletscher. 
Die letzte schwierige Seillänge zeigt uns dann, dass wir den 4er Cam nicht vergebens hochgetragen haben. Wiederum ein Riss, wiederum herrlich luftig, steil, und natürlich clean. Wirklich atemberaubend. Die Bewertung V+ ist natürlich reines Understatement, für Unsereins ist die 6a+ aus dem Topoguide wesentlich näher an der Realität.
Nach zwei leichten Längen dann erreichen wir den Gipfelgrat des Charmoz. Ein herrliches Gefühl! Gar nicht so einfach ist dann die Querung über die bizarren Zacken zur Abseilstelle des Carrée, bestehend aus einer dicken blauen Reepschnur um einen Block. In etwa fünf Mal abseilen (lieber etwas kürzere Längen machen, um Seilverklemmer zu vermeiden) erreichen wir leichteres Gelände. Man quert nach Norden, seilt noch einmal 50m ab, und erreicht wieder die Schulter. 
Wie auf Eierschalen seilen wir über die Grusellänge ab. Dann folgt endloses Abseilen über die Route, fast immer an Normalhaken. Nicht so mega geil, aber gehört halt zum alpinen Ambiente.
Endlich, nach über drei Stunden Abstieg, erreichen wir wieder den Einstieg. Glücklich über das tolle Erlebnis, erleichtert das alles gut gegangen ist. Und umso besser schmeckt auch das Essen und das wohlverdiente Bier, welches uns im Refuge um halb 9 serviert wird!

Facts:
Grands Charmoz, Cordier-Pfeiler, SS, 6a+, 25 SL
Eine der grossen Felstouren in den Aiguilles de Chamonix. Sehr anhaltend im fünften und sechsten Grad, die Kletterei spielt sich vor allem an Rissen und Verschneidungen ab. Die Kletterei wird nach oben hin immer besser und auch anspruchsvoller. Unten relativ viele Normalhaken, ab dem Band praktisch clean. Der Abstieg vollzieht sich an teils etwas windigen Abseilständen. Allenfalls würde sich der Direktabstieg auf den Nantillons-Gletscher empfehlen. Sind andere Seilschaften oberhalb, kann es vor allem im Einstiegsbereich und in den drei Seillängen vor dem Band wohl zu Steinschlag kommen. Spontanen Steinschlag haben wir nicht gesehen, was aber nichts heisst.

Material: Friends, insbesondere die kleinen Grössen. Camalot 4 ebenfalls sinnvoll. Allenfalls Hammer und Reepschnüre, um die Abseilstände auszubessern. 

1 Kommentar:

  1. Hallo j sp,
    du hast in deinem Blog neben collen Tourenberichten ein schönes Foto vom Biancograt. Könnte ich das auf einer Webseite meiner Unternehmenshomepage als Hintergrund verwenden? Bitte gib mir kurz eine Rückmeldung unter rupertsimon1 ### at ## googlemail.com.
    Herzlichen Dank
    Rupert

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