Sonntag, 14. Oktober 2012

Markha-Tal Trek

Nach einen intensiven und dank unbezahltem Urlaub erfolgreichen Bergsommer reisen Corina und ich Mitte September in den Ladakh in Nordindien, um dort zwei Treks zu machen. Ich möchte beide Treks kurz beschreiben, nicht weil die Wegfindung besonders schwierig wäre, sondern vielmehr um einen allgemeinen Eindruck der Landschaft und des Stils des Treks zu vermitteln.

Der Markha-Trek ist der wohl beliebteste Trek bei Leh. Dies, weil er von der Anfahrt her sehr kurz ist und durch ein wunderschönes Tal ohne Verkehrsinfrastruktur führt. Zudem führt der Trek über zwei hohe Pässe, und verspricht viel Abwechslung, was die Landschaft angeht. Aus akklimatisationstechnischen Gründen entscheiden wir uns für die 'leichte' Variante über Spituk, obschon die schwierigere Variante über den Stok La wunderschön sein soll. 
Nach einer kurzen Fahrt nach Spituk beginnt der Trek wenig inspirierend auf einer Teerstrasse.  Man wandert zuerst etwa zwei Stunden durch die Halbwüste, bevor sich das Tal verengt.
Aber auch hier wandert man nach wie vor auf einer Teerstrasse, die zum Glück kaum befahren wird. Ideal wäre es, wenn man Velos mieten würde und mit diesen bis ans Ende der Teerstrasse, etwa eine Stunde vor Zinchen, fahren würde. Alternativ könnte man natürlich mit dem Auto bis nach Zinchen fahren, was auch prompt eine andere Gruppe macht. Jedenfalls erreicht man nach etwa vier Stunden Zinchen, wo es ein Campingplatz und zwei, drei Häuser hat. Ob man in den Häusern übernachten kann, weiss ich nicht, der Campingplatz ist aber ok, wenn auch sehr staubig.
Die zweite Etappe verspricht bereits mehr Ursprünglichkeit. Der Fahrweg verschwindet, man wandert über einen hübschen Fussweg durch eine eindrückliche Schlucht. Kurz vor Rumbuk wird das Tal offener. Immer wieder fallen die Mani-Mauern auf, die mit Tierschädel 'geschmückt' sind. 
Etwas untypisch für die Jahreszeit ist das Wetter heute auf der eher wechselhaften Seite, es ist kühl, bewölkt, zeitweise fällt leichter Nieselregen. Nach Rumbuk führt der Weg durch eigentümliches, rötliches Gestein, welches selbst bei Regenwetter noch imposant aussieht. Nach etwa fünf Stunden erreichen wir Yurutse. Im herrschaftlichen Haus kann man Homestay machen, etwa 10 Minuten weiter befindet sich ein inoffizieller Zeltplatz. Man sollte sich unbedingt mit den Bauern absprechen, wo man genau Zelten kann, denn es befinden sich überall Felder. Leider hat es hier kein Toilettenhäuschen, man sollte sich infolgedessen etwas weiter vom Platz entfernen fürs 'Geschäft'.
Am späteren Nachmittag unternehme ich eine kurze Wanderung auf den Gipfel nördlich vom Zeltplatz. Dieser ist etwa 4700 Meter hoch, und bietet eine schöne Aussicht auf den Stok Kangri und die nächste Tagesetappe.
Zum Stok Kangri gilt übrigens folgendes zu sagen: Wir haben eine Besteigung nicht in Erwägung gezogen, weil uns die vermeintlich hohen Kosten von 500$ abgeschreckt haben. Wie wir allerdings erfahren haben, zahlt man gerade mal 2000 Rupien (etwa 30 CHF), wenn man die Besteigung in Leh organisiert.

Die dritte Etappe führt über den 4900m hohen Ganda La ins eigentliche Markha-Tal. Wir starten früh um sieben Uhr, denn es verspricht eine lange Wanderung zu werden. Der frühe Aufbruch zahlt sich schon bald aus, denn wir sind die ersten Menschen heute morgen, und können so unzählige Vögel, Hasen und Murmeltiere beobachten. Der Aufstieg zum Pass gestaltet sich recht mühelos, der Weg ist nirgendswo wirklich steil. Auf dem Pass herrscht ein ziemlicher Rummel, wir steigen darum auf den Hügel rechts vom Pass, wo wir unsere Ruhe haben und eine Mittagspause einlegen.
Allerdings ist die Sache hier noch nicht gelaufen, im Gegenteil. Der Abstieg nach Skiu zieht sich wirklich in die Länge! Bis Shingo ist das Tal offen, mit sanften Geröllhängen links und rechts. Shingo selber ist ein malerischer Weiler. Nach Shingo ändert sich die Landschaft vollständig. Wir betreten eine enge Schlucht aus unglaublichen Konglomeratblöcken. Tatsächlich habe ich bis jetzt wenig Konglomeratwände von solchen Dimensionen gesehen. Kurz vor Skiu wechselt das Gestein, der flache Talboden wird dominiert von riesigen, steilen Felswänden. Im Bild links einer der sehr seltenen Wachholderbäumen.
Obwohl schon vier Uhr ist, sind wir noch nicht am Ziel. Vielmehr biegen wir bei Skiu ins Haupttal ein, welchem wir noch etwa eine halbe Stunde folgen, bis rechterhand ein schöner Zeltplatz kommt. Der Zeltplatz liegt direkt am Fluss, der hier in grossen Mäandern fliesst. Obwohl auf 3400m gelegen, ist die Luft angenehm warm, so dass wir uns ein Bad im Fluss nicht nehmen lassen! 
Die vierte Tagesetappe führt von Skiu in 22km nach Markha. Man darf sich nicht täuschen lassen, dass die Höhendifferenz nur 300m beträgt, denn der Weg führt mehrere Male über dem Talgrund, was doch zu einer deutlich grösseren Höhendifferenz führt. 
Der Weg ist allerdings nie langweilig, vielmehr gibt es so viel zu sehen entlang vom Weg! Besonders eindrücklich sind die gigantischen, steilen 'Moränen', wie es sie nur in Gebirgswüsten gibt.
Unterwegs bleibt auch noch Zeit, in einer der wenigen 'Tea-Stalls' ein Buttertee zu 'geniessen' (wenn man ihn den mag). Überhaupt, wir sind überrascht, wie wenig Menschen man hier trifft, obwohl der Markha-Trek ja der meistbegangenste Trek ist. Auf dieser ganzen Tagesetappe sind wir wohl kaum mehr als drei, vier anderen Trekkern begegnet, und auch Locals trifft man kaum an auf dem Weg.
Kurz vor Markha muss der Fluss durchwatet werden. Dies kann im Frühsommer, bei Schneeschmelze, durchaus mühsam sein, jetzt aber geht es prima. Wiederum erreichen wir den Zeltplatz, in unmittelbarer Nähe zu einem Homestay, erst gegen vier Uhr nachmittags. 
Die nächste Tagesetappe führt von Markha nach Tahungste. Auch wenn es im Führer nach einer kurzen Etappe ausschaut, darf man sich nicht täuschen lassen! Es steht nochmals ein anstrengender Tag bevor! Die erste 'Schlüsselstelle' folgt schon bald, eine weitere Flussdurchquerung:
Übrigens, man darf auf keinen Fall den im Führer als 'dangerous path' bezeichneten Weg nehmen, dieser ist nämlich über weite Strecken abgerutscht und kann gar nicht mehr begangen werden.
Wir stehen jetzt unter der Umlung Gompa. Das Kloster selber befindet sich etwa 100 Höhenmeter über dem Talgrund. Hochsteigen oder nicht? Wir entscheiden uns hochzusteigen. Und tatsächlich, es hat sich gelohnt! Oben angekommen begrüsst uns ein freundlicher Mönch. Er geleitet uns in einen dunklen Raum, zündet ein paar Kerzen an, und beginnt die Morgenpuja! Ein eindrückliches, wunderschönes Erlebnis für uns!
Vom Kloster aus hat man des weiteren auch eine schöne Aussicht auf das Tal.
Aber irgendwann müssen wir weitergehen. Der Weg führt durch den Weiler Umlung, wo es mehrere Teatents hat um sich zu verpflegen. In den extrem steilen Hängen vis-a-vis können wir mehrere Blue Sheep beobachten, die an unglaublichen Stellen herumspringen. Da würde sogar einem Schweizer Steinbock Angst und Bange werden!
Nach Hankar wird das Tal enger und steiler, und zum ersten Mal kommt der mächtige Kang Yatze ins Blickfeld. Und nach weiteren zwei Stunden, wiederum gegen 4 Uhr nachmittags, erreichen wir schlussendlich den Zeltplatz bei Tahungste. In unmittelbarer Nähe hat es mehrere Yaks, hoffentlich machen die keinen Ärger in der Nacht...
Die drei vergangenen Tagesetappen waren alle lang und haben Substanz gekostet. Deshalb sind wir dankbar, das die nächste Etappe nach Nimaling deutlich kürzer wird. Der Weg führt zu Beginn recht steil auf einen sanften Rücken. Auf der gegenüberliegenden Talseite hat es eindrücklich erodierte Felsformationen.
Immer schöner kommt auch der Kang Yatze zum Vorschein. Deutlich sichtbar auf dem Bild ist der sehr einfache Nebengipfel (rechts), der vom Hauptgipfel durch einen langen Grat getrennt ist. 
Eine kurze Recherche zeigt, dass sich die meisten Besteiger mit dem Nebengipfel zufrieden geben, welcher in einem Tag von Nimaling aus bestiegen werden kann. Der Verbindungsgrat ist schwieriger, aber glaub auch nicht ganz so wild wie es den Anschein macht. Ich frage mich allerdings, ob es nicht lohnender wäre, den Aufstieg über die steile Seracflanke links zu machen, was sicher eine lohnende, nicht allzu extreme Eistour wäre.
Nun, wir lassen den Kang Yatze beiseite und stellen das Zelt auf. Das Tal bei Nimaling ist flach und extrem weitläufig, eine Nachmittagswanderung mit Gipfelbesteigung ist hier nicht möglich!
Am späteren Nachmittag drückt tatsächlich eine Schlechtwetterfront rein. Allerdings bringt sie entgegen unseren Befürchtungen kein Schnee, sondern nur ein paar Regentropfen. Die Nacht wird mit etwa -7° bitterkalt, zum Glück haben wir unsere warmen Schlafsäcke dabei.
Am nächsten Tag folgt der 'Höhepunkt' des Treks, der Gongmaru La mit 5100m. Der Aufstieg von Nimaling ist gerade mal 400hm, so erreichen wir bereits am Mitte Vormittag den Pass. Vom Pass aus geniesst man eine tolle Aussicht auf die hohen Berge. Links vom Kang Yatze hat es mehrere Gipfel, die ebenfalls 6000m erreichen und wahrscheinlich kaum bestiegen werden, obwohl sie reicht leicht aussehen. 
Der Abstieg vom Pass ist zuoberst recht steil, unten dann betritt man eine weitere eindrückliche Schlucht aus roten Felsen. Die Überreste eines Packpferdes mahnen, dass der Weg auch für die Ponies nicht trivial ist.
Am frühen Nachmittag, etwa um 13 Uhr, erreichen wir bereits Chukirmo, wo der Zeltplatz ist. Die Homestay-Gruppen können etwas weiter, bis Chugdo absteigen. Allerdings würde es hier wohl Sinn machen, gleich nach Shing Sumdo abzusteigen, dann könnte man am selben Tag noch nach Leh zurückfahren. 
Auf der letzten Etappe, welche in etwa zweieinhalb Stunden nach Shing Sumdo führt, kann man nochmals eindrückliche erodierte Erdzacken beobachten.
Die Rückfahrt von Shing Sumdo nach Leh geht etwa anderthalb Stunden, vielleicht kann man den Fahrer motivieren, einen Umweg über Hemis zu machen, um das dortige Kloster noch zu besichtigen.

Facts:
Markha-Tal Trek, T2, sieben bis acht Tage.

Literatur: Trekking in Ladakh von Charlie Loram ist hilfreich und informativ.

Ein wunderschöner, sehr abwechslungsreicher Trek in einem (immer noch) ursprünglichen, erstaunlich einsamen Tal (kein Vergleich zu den bekannten Trekkinggebieten in Nepal!). Allerdings darf man sich nicht täuschen lassen ob der Tatsache, dass dies der meistbegangenste Trek in Ladakh ist, die ersten fünf Tagesetappen sind alle recht lang und anstrengend.

Material: Mitte September ist eigentlich eine ideale Zeit. Tagsüber sind die Temperaturen angenehm, man wandert im leichten Hemd. In der Nacht fallen die Temperaturen allerdings sogar in Skiu, am tiefsten Punkt des Treks, auf unter Null, und in Nimaling kann es schon bis -10° kalt werden. Von da her gesehen lohnt es sich wohl, bei einem Zelttrekking einen warmen Schlafsack mitzunehmen. Der Weg ist durchgehend sehr einfach, halbhohe Trekkingschuhe reichen aus. Stöcke fand ich nicht notwendig, denn auch der Abstieg vom Gongmaru La ist nur zuoberst auf etwa 200hm steil. Es hat im Markha-Tal keine Läden, eventuell kann man Fertignudeln und Riegel in einem der 'Tea-Stalls' kaufen.

Strategie: Es gibt grundsätzlich drei mögliche Ansätze, nämlich entweder einen 'Full-organized trek' inklusive Koch, Kochzelt und das ganze Zeugs, einen selbständigen Trek, wo man selber kocht, oder einen Homestay Trek. Die meisten Gruppen machen einen Homestay-Trek, wobei man sich hier nicht täuschen lassen darf, die meisten Homestays sind heutzutage veritable Lodges, ähnlich denen in Nepal. Wir haben uns für einen selbständigen Trek entschieden, wobei wir das Gepäck von Ponies tragen liessen. Die Hardcore-Variante wäre, das Zeugs selber zu tragen. Man spart dabei natürlich etwas Geld und gewinnt Flexibilität, aber ob es das wert ist... Bei einem 'Full-organized Trek' würde ich darauf bestehen, kein WC-Zelt mitzunehmen, dies ist im Markha-Tal wirklich nicht notwendig und auch unhygienischer. In allen offiziellen Campingplätzen gibt es saubere Ladakhi-Trockentoiletten.
Bezüglich Guide gilt folgendes: Grundsätzlich braucht es für einigermassen erfahrene Wanderer keinen Guide, der Weg ist mit dem Buch "Trekking in Ladakh" wirklich einfach zu finden. Ein guter Guide kann einem viel Interessantes erzählen zu Leben und Leute (wenn er denn gut genug Englisch kann). Andererseits haben viele Guides die Angewohnheit, eher zu schnell zu marschieren und wenig Pausen zu machen. Hat man das Gefühl, dass der Guide zu schnell unterwegs ist, kann man durchaus auch mal ein Machtwort sprechen. Während es total überflüssig ist, das Trekking von einem hiesigen Organisator aus zu buchen, lohnt es sich durchaus, eine lokale Agentur zu nehmen, die einem das Suchen der Ponymen erleichtert. Wir hatten sehr gute Erfahrungen mit Ali shayoktravels@rediffmail.com gemacht.

Zeit: Wir haben acht Tage für den Trek eingeplant, wenn man die erste Etappe fährt und auf der letzten Etappe gleich nach Shing Sumdo absteigt, würden aber sechs Tage reichen. Weniger als sechs Tage sind für Genusswanderer kaum realistisch.

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