Kinder-Bergsteigen am Haggenspitz

Nein, dies ist keine Wanderung mehr! - soviel sei schon mal vorweggenommen. Aber die Haggenspitz-Traverse ist eine super-lässige Bergtour, und aufgrund der sehr moderaten Länge ideal geeignet als Einführung ins Bergsteigen. Klar, es lässt sich diskutieren, ob man eine solche Tour mit einem knapp 7-jährigen Kind überhaupt angehen soll. Allerdings ist der Haggenspitz eigentlich ideal geeignet für eine solche Unternehmung, da der Fels einigermassen solid ist, und viele Felszacken, Haken und Bäumchen eine sichere Begehung 'am kurzen Seil' erlauben. Es versteht sich aber von selber, dass vom Erwachsenen absolute Trittsicherheit und Routine erwartet wird, so dass er sich voll auf das Kind konzentrieren kann. Dann (und nur dann) ist ein unvergessliches Erlebnis für den kleinen Bergsteiger garantiert!

Unsere Tour startet auf der Haggenegg, erreichbar über ein kurviges Strässchen von Schwyz. Es hat mehrere Parkplätze auf der Passhöhe, die allerdings an schönen Sonntagen wohl recht schnell voll sind. Andererseits ist es schon alleine aufgrund der Temperaturen sowieso empfehlenswert, eher früher als später unterwegs zu sein. Über Alpweiden und Wegspuren gelangt man relativ schnell an den Fuss des Haggenspitzes (der auf der Karte eingezeichnete Pfad auf der W-Seite ist schmal und zugewachsen, und lohnt sich kaum zu nehmen. Beim 'Schärsack' trifft man jetzt auf den Gratweg, dieser wird schnell steiler, und wir ziehen Klettergurt und Helm an, und seilen uns mit etwa 5m Seil zwischen uns an. Dies erlaubt, dass die schwierigen Passagen 'alleine' (nicht parallel) begangen werden können. 

Blick auf das heutige Tagesziel: Der Haggenspitz


Der Weg schlängelt sich jetzt teils sehr steil, teils auch weniger steil zwischen Felswänden und Bäumen hoch. Es hat jede Menge guter Felszacken, welche erlauben, das Kind unkompliziert nachzusichern (im traditionellen Hochtourenstil). Oftmals hat es auch mehrere Varianten, und es braucht etwas Spürnase, um den jeweils leichtesten Weg zu erahnen. 

Steile Kraxelei im unteren Teil. Allerdings sind die klettertechnischen Schwierigkeiten überschaubar


So gelangt man zu einem grossen Geröllkessel. Der Weg führt an dessen linkem Rand (ohne ihn zu betreten) über eine kurze Felsstufe hoch in einen grasigen Kessel. Hier erreichen wir die Schlüsselstelle der Tour: Eine etwa 10 Meter lange, aufsteigende Traverse nach links über ein Felsband. Es hat etwa drei Bohrhaken. Da ich das Kind nicht 10 Meter lang 'unbeaufsichtigt' traversieren lassen wollte, habe ich jeweils bei jedem Bohrhaken einen 'Stand' gebaut, habe das Kind nachgesichert, und bin dann (gesichert durch einen Mastwurf) zum nächsten Bohrhaken weitergeklettert. Diese Taktik erlaubte sowohl mir ein sicherer Vorstieg, als auch eine engmaschige Betreuung des Kindes im Nachstieg. Die Schwierigkeiten sind sehr überschaubar, man bewegt sich etwa im 2. Grad, und das Gelände ist auch nicht sehr ausgesetzt.

In der Gipfelwand: Solider Fels mit Graspölsterchen erlaubt sicheres Steigen


Nach dieser Aufregung gelangen wir auf ein schönes Grätchen, welchem wir bis zu einer felsigen Aussichtskanzel zwischen grossen Zacken folgen. Vor uns liegt jetzt der Gipfelkessel, der mehrere Varianten erlaubt: Ganz rechts ist der berühmt-berüchtige 'Müller-Kamin', den wir heute aber weglassen. Vielmehr queren wir in die Mitte des Kessels, wo wir über einfache, aber etwas brüchige Platten effizient an Höhe gewinnen, und bald wieder nach rechts auf den Grat queren können. Jetzt sind es nur noch wenige Meter bis zum Gipfel des Haggenspitzes! Stolz trägt sich der kleine Bergsteiger ins Gipfelbuch ein und malt noch ein Bild.

Letzte Meter vor dem Gipfel


Allerdings ist die Tour eben erst zu Ende, wenn man wirklich wieder unten ist. Dies gilt natürlich auch am Haggenspitz. Der Abstieg über die SE-Flanke erfordert nochmals die ganze Konzentration. Es gibt mehrere kurze, leichte Abkletter-Passagen, wo das Kind am besten von oben gesichert wird. Kurz vor dem Griggeli gilt es zudem, die markante Traverse nach rechts (von oben gesehen) nicht zu verpassen, da man ansonsten ins Schrofengelände gerät. Vom Griggeli aus sticht der Weg jetzt etwas weniger steil hinunter, und man gelangt in den grossen Schuttkessel. Man kann jetzt entweder etwas mühsam über die Geröllhalden runterrutschen, oder aber den Wegspuren nach Süden folgen. Über weitere Wegspuren quert man wiederum nach NE, um so den Wanderweg beim Geissloch zu erreichen. Jetzt gilt es nur noch, die gut 100hm zurück auf die Haggenegg zu bewältigen. In der Beiz, bei einem grossen Coupé, kann der Kleine mit geschwellter Brust die Tour Revue passieren lassen.

Facts:

  • Aufstieg/Abstieg etwa 500hm
  • Jahreszeit: Sommer-Herbst. Möglichst trockene Verhältnisse abwarten!
  • Highlights: Ein tolle Bergtour auf einen 'richtigen' Gipfel
  • Gefahren: Dies ist keine Bergwanderung mehr, sondern eine ausgewachsene Bergtour. Die Schwierigkeit in der Literatur wird mit etwa T6- angegeben, und das kommt auch in etwa hin. Vom Erwachsenen wird absolute Trittsicherheit und Umsicht erfordert, um die Tour geniessbar zu machen
  • Material: Klettergurt, Seil (oder Reepschnur) etwa 10m, ein paar Zackenschlingen, etwa 3 Expressschlingen, Karabiner, Helm. Gute Wanderschuhe!
  • Karte

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